26.04.2016 Wirtschaftsrecht

OGH: Zu Ersatzansprüchen des Insolvenzverwalters gegen den Abschlussprüfer

Es entspricht gerade dem Schutzzweck der Abschlussprüfung, die Gesellschaft vor Schäden aus einer unrichtigen Rechnungslegung ihrer Organe zu bewahren, sodass auch der Insolvenzverwalter der geprüften Gesellschaft Ersatzansprüche geltend machen kann


Schlagworte: Unternehmensrecht, Abschlussprüfer, unrichtiger Bestätigungsvermerk, Haftung, Schadenersatzrecht, Aktivlegitimation des Insolvenzverwalters, Mitverschulden der Gesellschaftsorgane
Gesetze:

 

§§ 273 ff UGB, §§ 1295 ff ABGB, § 1299 ABGB, § 1311 ABGB

 

GZ 8 Ob 76/15g, 29.03.2016

 

OGH: Die §§ 273 ff UGB sind Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB, die gerade den Zweck haben, die geprüfte Gesellschaft vor Vermögensschäden zu schützen. Vom Schutzzweck der Vorschriften über die Abschlussprüfung ist auch die Aufdeckung einer vorsätzlich unrichtigen Rechnungslegung durch die Organe und damit die Verhinderung einer weiteren Schädigung der Gesellschaft durch weiteres rechtswidriges Verhalten der Organe umfasst. Wäre eine sorgfältige Prüfung geeignet gewesen, Maßnahmen auszulösen, die eine weitere Schädigung der Gesellschaft allenfalls verhindert hätten, ist es Sache des Prüfers, zu behaupten und zu beweisen, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten des Prüfers eingetreten wäre.

 

Ein haftpflichtiger Abschlussprüfer kann sich zu seiner Entlastung gegenüber der Gesellschaft nicht auf vom Vorstand oder Geschäftsführer verschuldete Fehler berufen. Die Tätigkeit des Prüfers für die Gesellschaft besteht gerade in der Kontrolle ihrer Organe. Es entspricht gerade dem Schutzzweck der Abschlussprüfung, die Gesellschaft vor Schäden aus einer unrichtigen Rechnungslegung ihrer Organe zu bewahren. Der Abschlussprüfer kann sich lediglich intern an den schuldhaft handelnden Organmitgliedern regressieren.

 

Die Berechnung des Schadens der Schuldnerin durch Vergleich des Unterschieds ihrer Aktiva minus Passiva an zwei maßgeblichen Stichtagen ist rechnerisch nachvollziehbar. Diese Berechnung bildet die weitere Verringerung des (bereits im Zeitpunkt der Erteilung des Bestätigungsvermerks negativen) Vermögens der Gesellschaft bis zur Insolvenzeröffnung ab. Unter den weiten Schadensbegriff des ABGB fällt jeder Zustand, der rechtlich als Nachteil aufzufassen ist, an dem also ein geringeres rechtliches Interesse als am bisherigen besteht, also nicht nur eine Verringerung der Aktiva, sondern auch das Entstehen von Verbindlichkeiten.