26.04.2016 Zivilrecht

OGH: Zum Wirkungskreis des Separationskurators

Im Zweifel bleibt die Vertretungsbefugnis der Erben in Aktiv- und Passivprozessen der Verlassenschaft trotz Separation bestehen, die Entscheidung über den Wirkungskreis des Separationskurators obliegt dem Verlassenschaftsgericht


Schlagworte: Erbrecht, Verlassenschaftsverfahren, Nachlassseparation, Separationskurator, Wirkungskreis, Vertretungsbefugnis der Erben
Gesetze:

 

§ 812 ABGB, § 175 AußStrG

 

GZ 2 Ob 90/15x, 29.02.2016

 

OGH: Durch die in § 812 ABGB geregelte Nachlassseparation soll eine rechtliche und faktische Vermögenstrennung zwischen dem Erben und der Verlassenschaft erreicht werden. Es kommt zu einem getrennt verwalteten Sondervermögen, das ausschließlich zur Befriedigung der Nachlassgläubiger zu verwenden ist. Damit soll allen denkbaren Gefahren vorgebeugt werden, die sich aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt der Erben über die Verlassenschaft ergeben. Als solche Gefahr wird regelmäßig die Verringerung des den Nachlassgläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsfonds angesehen.

 

Der Separationskurator ist der Verwalter des durch die Nachlassseparation geschaffenen Sondervermögens, seine Befugnisse ergeben sich aus Anlass und Zweck seiner Bestellung. Dies gilt auch für die Frage, in welchen Verfahren der Kurator zur Vertretung des Nachlasses befugt ist. Der Kurator vertritt die Verlassenschaft daher in jenen Verfahren, die innerhalb des Bereichs der Gefahren liegen, zu deren Abwehr er bestellt wurde. Hingegen ist es nicht seine Aufgabe, die Verlassenschaft in Rechtsstreitigkeiten und Exekutionen zu vertreten, die außerhalb des Bereichs der Gefahr liegen, zu deren Abwehr ein Absonderungskurator bestellt werden kann. Insoweit ist weiterhin der Erbe zur Vertretung des Nachlasses berufen.

 

Im Zweifel bleibt daher die Vertretungsbefugnis der Erben in Aktiv- und Passivprozessen der Verlassenschaft trotz Separation bestehen. Anderes gilt nur dann, wenn dem die Separation anordnenden Beschluss eindeutig zu entnehmen ist, dass die Besorgnis einer Gefährdung des Antragstellers gerade im Hinblick auf ein Verhalten des Erben in solchen Verfahren angenommen wurde. Nur in diesem Fall erstreckt sich die Vertretungsbefugnis des Kurators auch auf solche Verfahren, sonst ist weiterhin von der Vertretungsbefugnis der Erben auszugehen. Befürchtet der Separationsgläubiger dennoch eine Gefährdung durch die weiterhin dem Erben obliegende Vertretung des Nachlasses in Aktiv- oder Passivprozessen, steht es ihm frei, eine Entscheidung des Verlassenschaftsgerichts über den Wirkungskreis des Separationskurators zu beantragen. Darüber ist dann in gleicher Weise zu entscheiden wie über den ursprünglichen Separationsantrag. Wird schon der Separationsantrag auf eine solche Besorgnis gestützt und folgt das Gericht insofern dem Antragsteller, wird es zur Vermeidung von Zweifeln die erweiterte Vertretungsbefugnis des Separationskurators bereits in den Spruch seiner Entscheidung aufzunehmen haben.