19.04.2016 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob ein Immobilienmakler bei Ankauf eines Baugrundes auf die konkrete Flächenwidmung hinweisen und dafür in den Flächenwidmungsplan Einsicht nehmen muss

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Verkäufer das Grundstück in seiner Gesamtheit zu keinem niedrigeren Preis verkauft hätte, sondern dafür jedenfalls 88.000 EUR lukrieren wollte; dazu kommt, dass im Kaufvertrag festgehalten wurde, dass der Verkäufer nicht für Flächenausmaß, Bauzustand, Kulturbeschaffenheit, Widmung oder sonstige Eigenschaft des Kaufgegenstands haftet; der Kläger hat aber auch nicht vorgebracht, dass er - ungeachtet der Eignung des Grundstücks als „Baugrund“ - in Kenntnis der teilweisen Grünlandwidmung vom Grundstückskauf überhaupt Abstand genommen hätte; vielmehr war er im Verfahren stets nur der Ansicht, dass der Kaufpreis aufgrund des Grünlandstreifens überhöht gewesen sei; es fehlt danach schon an der Behauptung eines hypothetischen alternativen Geschehensablaufs, der erst zum Ersatz des gewünschten Vertrauensschadens führen könnte


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Immobilienmakler, Flächenwidmung, Informationspflichten, Vertrauensschaden
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, § 3 MaklerG, § 5 MaklerG

 

GZ 9 Ob 84/15s, 25.02.2016

 

OGH: Unstrittig ist der Beklagte als Doppelmakler tätig geworden. Das Verbot der sog Doppeltätigkeit gem § 5 Abs 1 MaklerG besteht ua dann nicht, wenn für den betreffenden Geschäftszweig ein abweichender Geschäftsgebrauch existiert. Das ist für den Geschäftszweig der Immobilienmakler der Fall.

 

Gem § 3 Abs 1 MaklerG hat der Makler die Interessen des Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren. Dies gilt auch, wenn er zugleich für den Dritten tätig ist.

 

Gem § 3 Abs 3 MaklerG sind Makler und Auftraggeber verpflichtet, einander die erforderlichen Nachrichten zu geben. Im Verbrauchergeschäft zählen gem § 30b Abs 2 KSchG dazu jedenfalls auch sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind. Diese Bestimmung spricht die Fachkenntnisse des Immobilienmaklers an, der seine Marktkenntnisse und sein Hintergrundwissen beratend einzubringen hat.

 

Gem § 3 Abs 4 S 1 MaklerG kann vom Makler bei Verletzung der ihn nach den Abs 1 bis 3 treffenden Pflichten nach allgemeinen Grundsätzen Schadenersatz verlangt werden. Insofern verweist die Bestimmung lediglich auf allgemeines Schadenersatzrecht.

 

Die Verletzung von Informationspflichten bei Abschluss eines Vertrags, unrichtige oder unvollständige Angaben über eine Eigenschaft der vermittelten Kaufsache gewähren nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen nicht den Ersatz des Nichterfüllungsschadens, sondern billigen dem Geschädigten den Ersatz jenes Schadens zu, den er im Vertrauen auf die korrekte Erfüllung des Maklervertrags erlitten hat. Zu ersetzen ist demnach der Vertrauensschaden, nicht aber das positive Erfüllungsinteresse.

 

Wird der Ersatz des Vertrauensschadens begehrt, ist der Geschädigte so zu stellen, wie er stünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre. Das zu leistende Interesse liegt in der Differenz zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, wie sie sich im Beurteilungszeitpunkt ohne schädigendes Ereignis darstellen würde, und dem nach dem schädigenden Ereignis nun tatsächlich vorhandenen Vermögensstand.

 

Selbst wenn man dem Kläger dahin folgen wollte, dass die unterlassene Aufklärung des Beklagten über die teilweise Widmung der Liegenschaft als Grünland eine solche Pflichtverletzung darstellte (s aber auch die Rsp zu den Grenzen der Nachforschungspflicht des Maklers, RIS-Justiz RS0112587), so ist hier für ihn nichts gewonnen, weil er keinen Schaden aufzeigt, für den der Beklagte kausal geworden wäre.

 

Eine Unterlassung ist dann für den Schadenserfolg kausal, wenn die Vornahme der gebotenen Handlung das Eintreten des Erfolgs verhindert hätte Die Beweislast, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten.

 

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Verkäufer das Grundstück in seiner Gesamtheit zu keinem niedrigeren Preis verkauft hätte, sondern dafür jedenfalls 88.000 EUR lukrieren wollte. Dazu kommt, dass im Kaufvertrag festgehalten wurde, dass der Verkäufer nicht für Flächenausmaß, Bauzustand, Kulturbeschaffenheit, Widmung oder sonstige Eigenschaft des Kaufgegenstands haftet. Der Kläger hat aber auch nicht vorgebracht, dass er - ungeachtet der Eignung des Grundstücks als „Baugrund“ - in Kenntnis der teilweisen Grünlandwidmung vom Grundstückskauf überhaupt Abstand genommen hätte. Vielmehr war er im Verfahren stets nur der Ansicht, dass der Kaufpreis aufgrund des Grünlandstreifens überhöht gewesen sei. Es fehlt danach schon an der Behauptung eines hypothetischen alternativen Geschehensablaufs, der erst zum Ersatz des gewünschten Vertrauensschadens führen könnte.