05.04.2016 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Zur beruflichen und medizinischen Rehabilitation nach dem SRÄG 2012

Versicherte ohne Berufsschutz haben keinen Anspruch auf berufliche Rehabilitation, weil der Invaliditätsbegriff des ASVG ohnehin einer völligen Erwerbsunfähigkeit gleichzuhalten ist; sie haben aber Anspruch auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation


Schlagworte: Pensionsversicherung, Invaliditätspension, Berufsschutz, berufliche Rehabilitation, medizinische Rehabilitation, Ermessensleistung Zweckmäßigkeit, Zumutbarkeit, Rehabilitationsgeld, Umschulungsgeld
Gesetze:

 

§ 254 ASVG, § 255 ASVG, § 273 ASVG, § 253e ASVG, § 253f ASVG, § 302 ASVG, § 303 ASVG

 

GZ 10 ObS 97/15k, 15.12.2015

 

OGH: Nach dem SRÄG 2012 besteht ein Anspruch auf Invaliditätspension nur mehr dann, wenn Invalidität aufgrund des körperlichen oder geistigen Zustands voraussichtlich dauerhaft vorliegt (§ 254 Abs 1 Z 1 ASVG) und berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nicht zweckmäßig oder zumutbar (§ 303 ASVG) sind. Auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation besteht jedoch kein Rechtsanspruch, weil § 253e ASVG für Personen, die das 50. Lebensjahr vor dem 1. 1. 2014 noch nicht vollendet haben, nicht gilt; diese Maßnahmen werden als Ermessensleistungen nach § 303 ASVG erbracht.

 

Bei Ablehnung einer beantragten Invaliditätspension mangels dauernder Invalidität hat der Versicherungsträger von Amts wegen festzustellen, ob Invalidität iSd § 255 Abs 1 und 2 ASVG (mit Berufsschutz) oder iSd § 255 Abs 3 ASVG (ohne Berufsschutz) vorliegt, wann sie eingetreten ist, ob sie voraussichtlich mindestens 6 Monate andauern wird, ob berufliche Maßnahmen der Rehabilitation zweckmäßig und zumutbar sind, für welches Berufsfeld der Versicherte dadurch qualifiziert werden kann und ob Anspruch auf Rehabilitationsgeld (§ 255b ASVG) besteht oder nicht. Als berufliche Maßnahmen der Rehabilitation kommen insbesondere Berufsfindungsmaßnahmen, Arbeitstrainingsmaßnahmen, Ein-, Um- und Nachschulungen, Lehr- oder Schulausbildungen udgl in Betracht.

 

Personen, für die bescheidmäßig festgestellt wurde, dass vorübergehende Invalidität von zumindest 6 Monaten vorliegt, haben gem § 253f Abs 1 ASVG Anspruch auf medizinische Maßnahmen der Rehabilitation, wenn dies zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit notwendig und infolge des Gesundheitszustands zweckmäßig ist. Die Maßnahmen sind vom Pensionsversicherungsträger unter Berücksichtigung der Zumutbarkeit für den Versicherten zu erbringen (§ 253f Abs 2 ASVG). Bei medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen handelt es sich um medizinische Leistungen, die in der Verantwortung von Ärzten, praktisch jedoch schwerpunktmäßig von anderen Berufsgruppen erbracht werden.

 

Ein Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation und damit verbunden auf Umschulungsgeld durch das AMS besteht allerdings nur bei sog „berufsgeschützten“ Tätigkeiten (§ 255 Abs 1 und 2(bzw § 273 Abs 1 ASVG). Ein Anspruch auf berufliche Rehabilitation für Versicherte ohne Berufsschutz kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Invaliditätsbegriff des § 255 Abs 3 (bzw § 273 Abs 2) ASVG ohnehin einer völligen Erwerbsunfähigkeit am allgemeinen Arbeitsmarkt gleichzuhalten ist, sodass letztlich eine berufliche Rehabilitation für diese Personengruppe nicht in Betracht kommen kann.