OGH: Zur Eigentumsfreiheitsklage durch einen „vorgemerkten Miteigentümer“
Ein Miteigentümer, dessen Eigentumsrecht im Grundbuch vorgemerkt und dem die Liegenschaft bereits übergeben wurde, kann ungerechtfertigte Eingriffe in das gemeinsame Eigentum nach § 523 ABGB (analog) gegen jeden Störer geltend machen
§§ 825 ff ABGB, § 366 ABGB, § 372 ABGB, § 523 ABGB
GZ 7 Ob 108/15f, 27.01.2016
OGH: Die Rechtsbeziehungen einer Miteigentümergemeinschaft sind in §§ 825 ff ABGB geregelt. Nach stRsp steht jedem Teilhaber einer Gemeinschaft das Recht zu, die zur Wahrung des Gesamtrechts erforderlichen Rechtsbehelfe zu ergreifen, deren es zur Wahrung seines Anteilsrechts bedarf. Der Gegner kann sich einer derartigen Klage gegenüber nicht darauf berufen, dass der Kläger allein zur Geltendmachung dieser Ansprüche nicht befugt sei. Auch ein Minderheitseigentümer ist daher berechtigt, ungerechtfertigte Eingriffe in das (gemeinsame) Eigentum gegen jeden Störer (auch Miteigentümer) geltend zu machen, sofern er sich nicht in Widerspruch mit den Übrigen setzt. Darunter fällt auch die unbefugte Verwaltung fremden Eigentums.
§ 523 ABGB gibt das Klagerecht nicht nur gegen die (ausdrückliche) Anmaßung einer Servitut, sondern auch - wie hier behauptet - gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht. Die Eigentumsfreiheitsklage steht auch gegenüber demjenigen zu, der in das Eigentumsrecht unbefugter Weise eingreift, mag er ein Recht hiezu behaupten oder nicht. Der Eigentumsfreiheitsanspruch kann in Analogie zu § 372 ABGB auch auf das bessere Recht zum Besitz gestützt werden; Anspruchsvoraussetzung dafür ist neben dem gültigen Erwerbsgrund und der gem § 328 ABGB zu vermutenden Redlichkeit der jenen des Beklagten übertreffende Naturalbesitz.
Derjenige dessen Eigentumsrecht im Grundbuch vorgemerkt und dem die Liegenschaft bereits (außerbücherlich) übergeben wurde, kann daher ungerechtfertigte Eingriffe in das gemeinsame Eigentum nach § 523 ABGB (analog) gegen jeden Störer geltend machen.