OGH: Zur Aufteilung des Nachlasses vor der Einantwortung
Miterben haben vor der Einantwortung keinen Anspruch auf Zivilteilung einzelner Nachlasssachen; eine Veräußerung kann vor Einantwortung nur durch (einhellige) Verfügung der Erbengemeinschaft oder durch einen Verlassenschaftskurator erfolgen
§§ 825 ff ABGB, § 830 ABGB, § 351 EO
GZ 2 Ob 41/15s, 19.01.2016
OGH: Mit dem Tod eines Erblassers, der mehrere Erben hinterlässt, entsteht zwischen diesen zunächst eine schlichte Rechtsgemeinschaft nach §§ 825 ff ABGB, die sich auf das Erbrecht bezieht. Mit der Einantwortung werden die Erben, solange keine Erbteilung stattfindet, Miteigentümer der körperlichen Nachlasssachen nach dem Verhältnis ihrer Erbteile. Die Gemeinschaft wird durch die Erbteilung aufgehoben, die von jedem Miterben vor oder nach der Einantwortung verlangt werden kann, aber erst mit dieser dinglich wirksam wird; sie erfolgt entweder durch Erbteilungsübereinkommen, für welches Vertragsfreiheit besteht, oder - mangels Einigung - durch Erbteilungsklage. Vor der Einantwortung besteht eine Rechtsgemeinschaft nicht an den einzelnen Nachlasssachen, sondern am Erbrecht als solchem. Geteilt werden können vor der Einantwortung nicht die einzelnen Nachlassgegenstände oder der Nachlass als solcher, sondern nur das sich auf den Nachlass beziehende Recht:
Realteilung bedeutet idZ vor der Einantwortung, dass das nach ideellen Anteilen bestehende Erbrecht dergestalt aufgeteilt wird, dass es sich nun für jeden Miterben auf bestimmte Nachlassgegenstände bezieht, die ihm ausschließlich zugewiesen werden. Gegenstand der Teilung sind dabei nicht die einzelnen Sachen, an denen vor der Einantwortung kein Miteigentum besteht, sondern das auf deren Erwerb gerichtete Recht. Dinglich wirksam würde ein solches Urteil oder ein dieses Urteil vollziehendes Exekutionsverfahren (§ 351 EO) wie ein Erbteilungsübereinkommen mit der Einantwortung.
Eine Zivilteilung vor der Einantwortung kommt ebenfalls nur in Bezug auf das Erbrecht in Betracht. Diese kann aber nicht durch Feilbietung einzelner Nachlassgegenstände erfolgen, die zu diesem Zeitpunkt noch im Alleineigentum des Nachlasses stehen, sondern allenfalls durch eine Feilbietung des (Erb-) Rechts als solches.
Miterben haben daher vor der Einantwortung keinen Anspruch auf Zivilteilung einzelner Nachlasssachen. Eine Veräußerung kann vor Einantwortung nur durch (einhellige) Verfügung der Erbengemeinschaft oder durch einen Verlassenschaftskurator erfolgen.