OGH: § 17 WGG – zur Frage, ob einem früheren Lebensgefährten und Mitmieter nach Auflösung der Lebensgemeinschaft und Aufgabe der Mitmietrechte gegen die in der Wohnung verbliebene frühere Lebensgefährtin und nunmehrige Alleinmieterin ein Anspruch analog § 1042 ABGB auf Rückzahlung des Finanzierungsbeitrags auch dann zusteht, wenn deren Mietverhältnis noch aufrecht ist
Der Kläger hat als früherer Mitmieter Zahlungen (voraus-)geleistet, die ab seinem Ausscheiden aus dem Mitmietverhältnis im Umfang des Vorauszahlungsbetrags nur der Beklagten zugute kommen und zu denen nur sie als nunmehrige Alleinmieterin verpflichtet wäre, müsste der Mietzins monatlich in voller Höhe gezahlt werden und nicht, wie hier, infolge der vorweg erbrachten Leistung des Finanzierungsbeitrags nur noch teilweise; aus diesem Grund ist auch der Einwand der mangelnden Fälligkeit unberechtigt: Nicht ein der Beklagten allenfalls zukünftig zustehender Anspruch gegen die Vermieterin bei Vertragsbeendigung ist Gegenstand des Rechtsstreits, sondern der Anspruch des Klägers auf Ersatz jenes Aufwands, zu dessen Tragung die Beklagte ab Beendigung des Mitmietverhältnisses als Alleinmieterin auch allein verpflichtet wäre
§ 17 WGG, § 1042 ABGB, § 1041 ABGB
GZ 3 Ob 149/15f, 20.01.2016
OGH: Das Ausscheiden eines Mitmieters aus dem Mietverhältnis bedarf einer - zumindest konkludenten -Dreiparteieneinigung zwischen den Mitmietern einerseits und dem Vermieter andererseits.
Hier ist der Umstand, dass die Lebensgemeinschaft zwischen den Streitteilen durch den Auszug des Klägers aus der Wohnung im März 2012 beendet war, ebenso unstrittig wie jener, dass der Kläger gegenüber der Vermieterin seinen Willen äußerte, aus dem Mitmietverhältnis auszuscheiden und aus der Haftung für die Mietzinszahlungen befreit zu werden. Die Vermieterin bestätigte ihre Zustimmung zu diesem Wunsch des Klägers nicht nur gegenüber diesem, sondern insbesondere - über ausdrückliche Anfrage der Vertreterin der Beklagten - auch gegenüber der Beklagten. Sie teilte der Vertreterin der Beklagten am 27. Februar 2013 mit, dass der Kläger mit ihrem Einverständnis aus dem Mietverhältnis ausgeschieden und aus der Haftung für die Mietentgelte entlassen worden sei. Am 16. Jänner 2014 bestätigte die Vermieterin gegenüber der Beklagten, dass der Mietvertrag mit ihr nach wie vor aufrecht sei, wobei ein Anspruch auf Auszahlung des Finanzierungsbeitrags nach § 17 WGG erst dann entstehe, wenn der Mietvertrag aufgelöst werde.
Die Beklagte reagierte auf diese beiden Schreiben der Vermieterin nicht, sondern hat die Mietzinszahlungen ab dem Auszug des Klägers unstrittig allein geleistet. Unter diesen Umständen besteht kein Grund daran zu zweifeln, dass die Beklagte mit dem dargestellten Verhalten nach den maßgeblichen Empfängerhorizonten der Vermieterin und des Klägers ihr (konkludentes) Einverständnis ausdrückte, dass dieser aus dem Mietverhältnis ausscheiden und sie allein Mieterin der Wohnung sein würde. Im Verfahren selbst hat die Beklagte auch ausdrücklich darauf verwiesen, dass sie wegen der Versorgung der gemeinsamen Kinder genötigt sei, weiterhin Mieterin der Wohnung zu bleiben und daher die Mietrechte nicht (auch) aufgeben könne.
Ein Anspruch auf Rückzahlung des anteiligen Finanzierungsbeitrags gegenüber der Vermieterin steht nur der Beklagten bei Beendigung ihres Mietverhältnisses zu.
Nach der Gestaltung des Mietvertrags sollte der ursprünglich beiden Mitmietern bei Beendigung des Mietverhältnisses zustehende Anspruch auf Rückzahlung des anteiligen Finanzierungsbeitrags (§ 17 Abs 1 und 4 WGG) im Fall des Ausscheidens eines Mitmieters auf den verbleibenden Mieter übergehen.
Daraus ergibt sich aber - von den Streitteilen gar nicht bezweifelt - auch, dass ein Anspruch des aus dem Mitmietverhältnis ausgeschiedenen Klägers gegenüber der Vermieterin auf Rückzahlung eines anteiligen Finanzierungsbeitrags weder derzeit besteht noch in Zukunft entstehen kann. Vielmehr stünde der Beklagten bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Vermieterin gem § 17 Abs 1 WGG der entsprechende Anspruch allein zu.
Zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen Bereicherungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte bejaht:
Der vom Kläger bei Abschluss des Mietvertrags geleistete Finanzierungsbeitrag diente - einer Mietzinsvorauszahlung vergleichbar - der Senkung des jeweils monatlich fällig werdenden Mietentgelts und ist daher anteilig für die einzelnen Zinsperioden als Miete zu qualifizieren.
Der Vorteil dieser so vorausgezahlten Mietentgelte kommt seit dem Auszug des Klägers aus der Wohnung und der Beendigung des (Mit-)Mietverhältnisses des Klägers zur Vermieterin ausschließlich der Beklagten zu. Ab dem Zeitpunkt, zu welchem sie allein Mieterin der Wohnung wurde, trifft sie die Mietzinszahlungspflicht zur Gänze. Der Kläger hat - in Erwartung des Fortbestehens der Lebensgemeinschaft in der Wohnung und des Fortbestands seiner Mitmietrechte - den Finanzierungsbeitrag geleistet. Soweit davon anteilige Zahlungen für Mietzinsperioden nach seinem Auszug betroffen sind, werden diese allein von der Beklagten „abgewohnt“.
Der OGH hat, gestützt auf die Ansicht Vonkilchs (Mietzinsvorauszahlungen, Baukostenbeiträge und wohnrechtliche Sondererbfolge [§ 14 MRG] NZ 2000, 321), ausgesprochen, dass bei Tod des in den Mietvertrag eingetretenen Mieters der gegenüber der gemeinnützigen Bauvereinigung bestehende Anspruch gem § 17 Abs 1 WGG nicht dem Erben des eingetretenen Mieters, sondern dem Erben des früheren Mieters analog § 1042 ABGB zusteht.
Die Grundsätze dieser Entscheidung können sinngemäß auf den hier zu beurteilenden Fall übertragen werden: Zwar geht es hier nicht um einen - wegen aufrechten Mietverhältnisses der Beklagten zur Vermieterin noch nicht entstandenen - Rückzahlungsanspruch gegen die Vermieterin, sondern um den Ausgleich zwischen dem nunmehrigen Alleinmieter und dem früheren Mitmieter. Auch in dieser Konstellation hat aber der Kläger als früherer Mitmieter Zahlungen (voraus-)geleistet, die ab seinem Ausscheiden aus dem Mitmietverhältnis im Umfang des Vorauszahlungsbetrags nur der Beklagten zugute kommen und zu denen nur sie als nunmehrige Alleinmieterin verpflichtet wäre, müsste der Mietzins monatlich in voller Höhe gezahlt werden und nicht, wie hier, infolge der vorweg erbrachten Leistung des Finanzierungsbeitrags nur noch teilweise.
Aus diesem Grund ist auch der Einwand der mangelnden Fälligkeit unberechtigt: Nicht ein der Beklagten allenfalls zukünftig zustehender Anspruch gegen die Vermieterin bei Vertragsbeendigung ist Gegenstand des Rechtsstreits, sondern der Anspruch des Klägers auf Ersatz jenes Aufwands, zu dessen Tragung die Beklagte ab Beendigung des Mitmietverhältnisses als Alleinmieterin auch allein verpflichtet wäre.
Zum selben Ergebnis gelangt man auch unter Zugrundelegung der Ansicht, für derartige Konstellationen sei Anspruchsgrundlage ein Verwendungsanspruch gem § 1041 ABGB.
Die vom Berufungsgericht als erforderlich erachtete Verbreiterung der Tatsachengrundlage zu dem - vom Erstgericht nicht näher geprüften - Vorbringen der Beklagten, dass sie den Finanzierungsbeitrag teilweise (gemeint offenbar: nach Zahlung durch den Kläger an diesen) geleistet habe, ist nicht zu beanstanden.
Bezüglich der übrigen von der Beklagten detailliert behaupteten Aufwendungen für die Wohnungen ist dem Berufungsgericht zunächst darin beizupflichten, dass der Beklagten kein Anspruch gegen den Kläger zusteht, soweit die behaupteten Aufwendungen nur die von der Beklagten nunmehr allein bewohnte Wohnung betreffen.
Jedenfalls wird aber das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung mit der Beklagten zu beachten haben, dass im Umfang dieser behaupteten Aufwendungen bisher eine Gegenforderung von der Beklagten nicht eingewendet wurde. Die der Beklagten offenbar vorschwebende „automatische“ Reduzierung der Klageforderung um ihr allenfalls infolge Beendigung der Lebensgemeinschaft gegen den Kläger zustehende Forderungen kommt nicht in Betracht. Sollte daher die Beklagte im fortgesetzten Verfahren vor dem Erstgericht keine Gegenforderungen einwenden, wird ausschließlich das Vorbringen zur behaupteten Leistung eines (anteiligen) Finanzierungsbeitrags an den Kläger zu prüfen sein.