02.02.2016 Zivilrecht

OGH: § 364 Abs 2 ABGB iZm höher gelegenem Grundstück (hier: Holzablagerungen)

Im vorliegenden Fall wurden die natürlichen Abflussverhältnisse des Niederschlagswassers durch die Abdeckung der Holzlagerungen auf dem Grundstück der Beklagten nicht verändert; die das Regenwasser sammelnde Abdeckung der Holzlagerungen führte nicht zu einer direkten Zuleitung des Wassers, sind die Holzablagerungen doch 11,5 m und 23 m von der Grenze zum klägerischen Grundstück entfernt; selbst bei einem Starkregenereignis (statistisch alle fünf Jahre mit 15 Minuten Dauer) wird lediglich die Gesamtwassermenge, die von der Liegenschaft der Beklagten in Folge der natürlichen Geländeneigung auf die Liegenschaft des Klägers fließt, geringfügig erhöht (unter 10 %)


Schlagworte: Nachbarrecht, Immissionen, höher gelegenes Grundstück, Holzablagerungen, Abdeckung, natürliche Abflussverhältnisse, direkte Zuleitung
Gesetze:

 

§ 364 ABGB

 

GZ 3 Ob 201/15b, 16.12.2015

 

OGH: Gem § 364 Abs 2 ABGB kann der Eigentümer eines Grundstücks den Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen etwa durch Abwässer insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitungen sind ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.

 

Diese gesetzliche Regelung differenziert nach der Rsp des OGH zwischen unmittelbaren und mittelbaren Einwirkungen (direkten und indirekten Immissionen) auf das Grundstück des Nachbarn, je nachdem, ob die Tätigkeit des anderen Eigentümers unmittelbar auf die Einwirkung gerichtet ist oder diese nur zufällig eintritt.

 

Vom Begriff einer direkten oder indirekten Immission nicht erfasst ist die natürliche Beschaffenheit des Nachbargrundstücks. Daher lösen etwa die natürlichen Abflussverhältnisse keine nachbarrechtliche Haftung aus. Der Grundeigentümer ist auch nicht verpflichtet, Hangwasser oder eine Hangquelle einzufangen oder den natürlichen Wasserablauf zu verändern, damit das Wasser nicht auf das Nachbargrundstück gelangt. Dagegen müssen die Maßnahmen anderer, die unmittelbar auf eine Zuleitung abzielen, nicht hingenommen werden. Dies betrifft etwa erdbautechnische Änderungen auf einem Grundstück, als deren Folge die für das Niederschlagswasser bis dahin bestehenden natürlichen Abflussverhältnisse geändert wurden. Demgemäß gelten erdbautechnische Veränderungen am höher gelegenen Grundstück wie Geländekorrekturen durch Aufschüttungen und Planierungen, die eine maßgebliche Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse des Niederschlagswassers zum Nachteil des Unterliegers bewirken, als unmittelbare Zuleitungen nach § 364 Abs 2 zweiter Satz ABGB. Gelangt daher infolge der Änderung einer natürlichen Regenabflusssituation bei extrem starken Regenfällen Wasser auf der Erdoberfläche der Hangneigung folgend in nicht unbeträchtlichen Mengen auf das Grundstück des Unterliegers, so ist darin eine unmittelbare Zuleitung zu erblicken.

 

Im vorliegenden Fall wurden die natürlichen Abflussverhältnisse des Niederschlagswassers durch die Abdeckung der Holzlagerungen auf dem Grundstück der Beklagten nicht verändert. Die das Regenwasser sammelnde Abdeckung der Holzlagerungen führte nicht zu einer direkten Zuleitung des Wassers (wie etwa im Fall einer Carportabdeckung zu 2 Ob 111/07y); sind die Holzablagerungen doch 11,5 m und 23 m von der Grenze zum klägerischen Grundstück entfernt. Selbst bei einem Starkregenereignis (statistisch alle fünf Jahre mit 15 Minuten Dauer) wird lediglich die Gesamtwassermenge, die von der Liegenschaft der Beklagten in Folge der natürlichen Geländeneigung auf die Liegenschaft des Klägers fließt, geringfügig erhöht (unter 10 %).

 

In der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das Unterlassungsbegehren des Klägers sei nicht berechtigt, weil die Auswirkungen auf sein Grundstück bloß geringfügig seien und für ihn keine nennenswerten Nachteile entstünden, ist keine vom OGH unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls korrekturbedürftige Fehlbeurteilung zu erblicken. Auch fehlen Erosionsspuren und selbst die leicht erhöhte Wassermenge im Fall seltener (fünfjähriger) Starkregenereignisse gefährdet die Liegenschaftsbebauung des Klägers festgestelltermaßen nicht.

 

Die Beurteilung der Niederschlagswässer als unmittelbare oder doch bloß mittelbare Zuleitung ist im vorliegenden Fall aber ohnehin nicht von entscheidender Bedeutung. Eine Ortsunüblichkeit sah das Berufungsgericht bei breitflächigen Niederschlagswasserableitungen ebenso wenig erfüllt, wie eine Beeinträchtigung der ortsüblichen Nutzung (keine Gebäudeschäden). Selbst bei Beurteilung des Zuflusses bei Starkregen als unmittelbare Zuleitung wären Unterlassungsansprüche des Klägers daher wegen der Geringfügigkeit der Zuleitung vertretbar zu verneinen.