OGH: Kreditschädigung nach § 1330 Abs 2 ABGB iZm Strafanzeige
Nach § 1330 Abs 2 ABGB haftet der Anzeigende nur, wenn er von der Unrichtigkeit wusste, wobei den Kläger die Beweislast hiefür trifft; eine besondere Sorgfaltspflicht des Anzeigers in der Richtung, die vorliegenden Verdachtsgründe auf ihre Stichhältigkeit zu prüfen und das Für und Wider selbst abzuwägen, besteht hingegen nicht; der Beklagte war - jedenfalls im Innenverhältnis - Gehilfe seiner Auftraggeberin und nicht umgekehrt; während also allenfalls sein Wissen seiner Auftraggeberin nach dem aus § 1313a ABGB abgeleiteten Grundgedanken zuzurechnen wäre, ist dies umgekehrt nicht der Fall
§ 1330 ABGB, § 7 UWG, § 1313a ABGB
GZ 4 Ob 210/15h, 15.12.2015
OGH: In einer Strafanzeige enthaltene, objektiv unrichtige Beschuldigungen sind, sofern sie den Rahmen eines sachdienlichen Vorbringens nicht überschreiten, nur dann rechtswidrig, wenn sie vom Anzeiger wider besseres Wissen erhoben wurden. Dies gilt nicht nur für Strafanzeigen, sondern für alle an die jeweils zuständigen Behörden gerichteten, vertraulichen Mitteilungen. Nach § 1330 Abs 2 ABGB haftet der Anzeigende daher nur, wenn er von der Unrichtigkeit wusste, wobei den Kläger die Beweislast hiefür trifft. Eine besondere Sorgfaltspflicht des Anzeigers in der Richtung, die vorliegenden Verdachtsgründe auf ihre Stichhältigkeit zu prüfen und das Für und Wider selbst abzuwägen, besteht hingegen nicht. Dies würde dem öffentlichen Interesse, den Behörden Kenntnis von strafbaren Handlungen zu verschaffen, widersprechen. Es genügt daher grundsätzlich das Vorliegen nicht offenkundig bereits widerlegter Verdachtsgründe für die Annahme, dass eine Strafanzeige nicht wider besseres Wissen und somit rechtmäßig erstattet wurde. Dies gilt auch nach § 7 Abs 2 UWG für herabsetzende Tatsachenbehauptungen, soweit diese vertraulich der zuständigen Behörde gegenüber gemacht wurden.
Die Revisionswerberinnen argumentieren, dem Beklagten sei das Wissen der Auftraggeberin um die Unrichtigkeit der Anzeigen zuzurechnen, weil er nur als Strohmann vorgeschoben worden sei. Ohne eine solche Zurechnung könnte jeder über einen gutgläubigen Dritten Strafanzeigen einbringen, ohne dass dies Konsequenzen hätte.
Der Wissenszurechnung durch Wissensvertreter liegt der allgemeine Gedanke zugrunde, dass der Einsatz von Gehilfen, also die „Rollenspaltung“, nicht zum Nachteil Dritter gehen darf und ansonsten der Einsatz eines Gehilfen eine Verschlechterung der vom Gesetzgeber iSe Interessenausgleichs vorgesehenen Rechtsposition Dritter mit sich brächte, weshalb der Geschäftsherr so zu behandeln ist, als wäre er selbst tätig geworden. Dem Geschäftsherrn wird auch das Wissen derjenigen Personen zugerechnet, die er mit der Kenntnisnahme rechtserheblicher Tatsachen betraut hat.
Die mit dem Gehilfenbegriff operierende Rsp geht insoweit auf § 1313a ABGB zurück. Deswegen ist für die Klägerinnen daraus nichts zu gewinnen. Denn der Beklagte war - jedenfalls im Innenverhältnis - Gehilfe seiner Auftraggeberin und nicht umgekehrt. Während also allenfalls sein Wissen seiner Auftraggeberin nach dem aus § 1313a ABGB abgeleiteten Grundgedanken zuzurechnen wäre, ist dies umgekehrt nicht der Fall.
Außerhalb sondergesetzlicher Normen ist eine Zurechnung des Handelns (oder Wissens) Dritter nämlich nur im Rahmen der Haftung für Repräsentanten und Besorgungsgehilfen möglich, weil das Gesetz in § 1313 ABGB die Grundregel aufstellt, dass für fremdes Verhalten (oder Wissen) nicht einzustehen ist. Eine solche gesetzliche Sondernorm besteht für die Zurechnung des Wissens des Geschäftsherrn an den Gehilfen aber nicht.
Die Klägerinnen argumentieren, dass den Beklagten - entgegen RIS-Justiz RS0105665; RS0114015 [T11] - die Beweislast dafür träfe, dass er von der Unrichtigkeit der Vorwürfe gegen die Klägerinnen nicht wusste.
Die Beweislastverteilung ist zwar revisibel. Die Frage der Beweislast stellt sich aber dann nicht, wenn das Erstgericht - wie hier - ohnehin positive Feststellungen zu einem Umstand getroffen hat.
Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht festgestellt, dass der Beklagte auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben seiner Auftraggeberin vertraute. Es ist daher irrelevant, ob ihn oder die Klägerinnen die Beweislast für diesen Umstand traf.
Abgesehen von den obigen Ausführungen haben die Klägerinnen im Verfahren erster Instanz auch nicht dargetan, dass die Auftraggeberin des Beklagten diesem bewusst falsche Informationen zur Anzeigeerstattung erteilte.