OGH: Änderung nach § 16 Abs 2 WEG 2002 (hier: Erhöhung des Liftschachtes um ein weiteres Geschoß, um dadurch das obere Geschoß der Maisonettewohnung zu erreichen)
Es ist charakteristisch für eine Maisonette, dass sich die Wohnräume zumindest über zwei Geschoße innerhalb der Wohnung erstrecken und die einzelnen Wohnebenen im Inneren der Wohnung durch Treppen verbunden sind; Treppenlifte mögen das ästhetische Empfinden der Bewohner stören, sie erfüllen aber - ebenso wie Plattformlifte im Inneren einer Wohnung - ihren Zweck, gehbehinderte Bewohner zwischen den einzelnen Geschoßen der Wohnung zu befördern; im Vergleich zu einer derartigen, ebenfalls barrierefreien Ausstattung stellt die Verlängerung eines im allgemeinen Liftschacht geführten Personenaufzugs in das obere Geschoß (nur) einer Maisonettewohnung mit Öffnung der Dachhaut und Errichtung eines über das Dach ragenden Aufbaus einen massiven Eingriff in allgemeine Teile des Hauses dar, der nicht mit dem Wunsch der Antragstellerin nach einer ästhetisch befriedigenderen Lösung zu rechtfertigen ist; die Änderung lässt sich angesichts der für eine Maisonette typischen baulichen Gestaltung auch nicht mit der nach der Judikatur des OGH verkehrsüblichen Erschließung von eingeschoßigen Etagenwohnungen durch einen Personenaufzug mit Ausstiegsstellen in jedem Stockwerk des Hauses vergleichen
§ 16 WEG 2002
GZ 5 Ob 157/15x, 25.09.2015
OGH: Nach § 16 Abs 1 Z 1 WEG 2002 darf die Änderung an einem Wohnungseigentumsobjekt weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer, besonders auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, oder noch eine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder von anderen Sachen zur Folge haben. Werden für eine solche Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft (wie hier: Liftschacht und Dach) in Anspruch genommen, so muss die Änderung überdies entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen (§ 16 Abs 2 Z 2 Satz 1 WEG).
Die Beurteilung, ob eine Änderung zu genehmigen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind. Dabei ist dem Rechtsanwender ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt. Nur wenn dieser überschritten wird, liegt eine erhebliche Rechtsfrage vor. Das ist hier der Fall.
Sowohl zur Frage des wichtigen Interesses als auch der Verkehrsüblichkeit existiert umfangreiche Judikatur des OGH.
Für das Vorliegen eines wichtigen Interesses kommt es demnach insbesondere darauf an, ob die beabsichtigte Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer eine dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts zu ermöglichen. Nicht jeder verständliche Wunsch eines Wohnungseigentümers nach Änderung begründet ein wichtiges Interesse. Der Wunsch nach einer luxuriöseren Ausstattung reicht ebenso wenig aus wie die Berufung auf bloße Zweckmäßigkeitserwägungen. Die Wichtigkeit des Interesses ist in Relation zum Ausmaß der Inanspruchnahme allgemeiner Teile zu beurteilen. Die Verkehrsüblickeit einer Änderung ist nicht nur nach der allgemeinen Lebenserfahrung, sondern auch nach der Beschaffenheit des betreffenden Hauses und seines Umfelds zu beurteilen.
Nach diesen Kriterien sind die Voraussetzungen des § 16 Abs 2 Z 2 WEG nicht erfüllt:
Es ist charakteristisch für eine Maisonette, dass sich die Wohnräume zumindest über zwei Geschoße innerhalb der Wohnung erstrecken und die einzelnen Wohnebenen im Inneren der Wohnung durch Treppen verbunden sind. Treppenlifte mögen das ästhetische Empfinden der Bewohner stören, sie erfüllen aber - ebenso wie Plattformlifte im Inneren einer Wohnung - ihren Zweck, gehbehinderte Bewohner zwischen den einzelnen Geschoßen der Wohnung zu befördern. Im Vergleich zu einer derartigen, ebenfalls barrierefreien Ausstattung stellt die Verlängerung eines im allgemeinen Liftschacht geführten Personenaufzugs in das obere Geschoß (nur) einer Maisonettewohnung mit Öffnung der Dachhaut und Errichtung eines über das Dach ragenden Aufbaus einen massiven Eingriff in allgemeine Teile des Hauses dar, der nicht mit dem Wunsch der Antragstellerin nach einer ästhetisch befriedigenderen Lösung zu rechtfertigen ist. Die Änderung lässt sich angesichts der für eine Maisonette typischen baulichen Gestaltung auch nicht mit der nach der Judikatur des OGH verkehrsüblichen Erschließung von eingeschoßigen Etagenwohnungen durch einen Personenaufzug mit Ausstiegsstellen in jedem Stockwerk des Hauses vergleichen.
Es soll durch die geplante Verlängerung des Lifts in den vierten Stock nur eine separate Ausstiegsstelle geschaffen werden, die innerhalb der Maisonette (im Obergeschoß) der Antragstellerin liegt und eine barrierefreie Verbindung zwischen den Wohnebenen herstellt. Die Bewohner der anderen Maisonette sind hingegen weiterhin auf die Innentreppe angewiesen. Diese Umgestaltung ausschließlich zum Nutzen einer von zwei Maisonetten ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht deshalb als verkehrsüblich anzusehen, weil im betroffenen Ort oder dessen Umgebung Gebäude (gerichtsnotorisch) besonders hochwertig ausgestattet würden. Eine solche Ausstattung ließe nämlich gerade erwarten, dass sämtliche Dachgeschoßmaisonetten eines Gebäudes über Lifte in allen Geschoßen der Wohnung verfügen.