07.12.2015 Zivilrecht

OGH: Zur Frage des zumutbaren Umfangs von Sicherungspflichten in Einkaufszentren

Die Speiseeislache, auf der die Klägerin ausrutschte, war erst unmittelbar vor dem Sturz auf den Boden gelangt; die Klägerin vermag keine zusätzlichen, der Beklagten zumutbaren Maßnahmen aufzuzeigen, die unter diesen Umständen diese - für den Schadenseintritt ursächliche - Verschmutzung verhindern hätten können; für Kontrollgänge, die „nicht gewissenhaft“ erfolgt wären, ergeben sich aus dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Verkehrssicherungspflichten, Einkaufszentren, Kontrollgänge
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB

 

GZ 8 Ob 100/15m, 29.10.2015

 

OGH: Der Verkehrssicherungspflichtige hat nach stRsp zu beweisen, dass er die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat.

 

Welche Sicherungsmaßnahmen zumutbar und erforderlich sind, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab; derartige Einzelfallentscheidungen sind vom OGH nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm, konkret bei der Auslegung des unbestimmten Begriffs der Unzumutbarkeit, korrigiert werden müsste. Von einer erheblichen Fehlbeurteilung abgesehen liegt daher keine Frage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor, wenn das Berufungsgericht die Rsp zu Inhalt und Umfang von Verkehrssicherungspflichten, insbesondere zu deren Beschränkung bei Erkennbarkeit der Gefahr, beachtet hat.

 

Der Revision gelingt es nicht, eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung aufzuzeigen, denn die bloße Behauptung, die Beklagte habe „in keinster Weise die ihr zumutbaren Vorkehrungen“ getroffen, um Unfälle wie den hier gegenständlichen zu vermeiden, steht im Widerspruch zu den detaillierten Feststellungen über die täglichen Reinigungsarbeiten, die auf den allgemeinen Flächen im Einkaufszentrum der Beklagten auch am Unfallstag durchgeführt und überwacht bzw kontrolliert wurden. Vor allem aber steht hier fest, dass die Speiseeislache, auf der die Klägerin ausrutschte, erst unmittelbar vor dem Sturz auf den Boden gelangt war. Die Klägerin vermag keine zusätzlichen, der Beklagten zumutbaren Maßnahmen aufzuzeigen, die unter diesen Umständen diese - für den Schadenseintritt ursächliche - Verschmutzung verhindern hätten können. Für Kontrollgänge, die „nicht gewissenhaft“ erfolgt wären, ergeben sich aus dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte; einen rechtlichen Feststellungsmangel kann die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang nicht erfolgreich geltend machen.

 

Dass es keine Rsp des OGH zum „zumutbaren Umfang von Sicherungspflichten in Einkaufszentren“ gibt, begründet für sich keine erhebliche Rechtsfrage, weil es nicht Aufgabe des OGH ist, abstrakt die Sicherungs- und Überprüfungsmaßnahmen auf allgemeinen Flächen in Einkaufszentren zu beurteilen.