OGH: Der Käufer kann durch die bloß allgemein gehaltene Mitteilung des Verwendungszwecks das an die freie Auswahl der gewünschten Ware gebundene Eigenrisiko grundsätzlich nicht auf den Verkäufer überwälzen; insbesondere beim Gattungskauf darf nämlich die Unterlassung einer Aufklärung nicht ohne Weiteres als schlüssige Zusage angesehen werden, wenn der Erwerber keine Auskünfte oder Belehrungen verlangt
Kennt der Veräußerer die gewünschte Eigenschaft oder muss er sie erkennen, so ist bei Nichtaufklärung über die Untauglichkeit die Eignung als stillschweigend zugesagt anzusehen, außer er wusste nicht, dass die Ware zu diesem Verwendungszweck nicht geeignet ist, und musste dies auch nicht wissen, weil das Verhalten dann nicht dahin verstanden werden kann, dass der Verkäufer dem Käufer damit bereits eine bestimmte Eigenschaft zugesichert hätte
§§ 1053 ff ABGB, §§ 922 ff ABGB
GZ 2 Ob 234/14x, 21.10.2015
OGH: Nach der Judikatur muss der Kaufgegenstand der Natur des Geschäfts oder der geschlossenen Verabredung entsprechend benützt und verwendet werden können, wobei die Vertragswidrigkeit nicht abstrakt, sondern immer aufgrund des konkreten Veräußerungsvertrags zu beurteilen ist.
Grundsätzlich ist es Sache des Käufers, der keine Bedingungen stellt, keine Auskünfte und Belehrungen und damit die Zusage einer bestimmten Eigenschaft verlangt, und auch nach dem Verhalten des Verkäufers keine bestimmten Eigenschaften annehmen kann, zu beurteilen, ob eine bestimmte Sache aus dem Erzeugungsprogramm des Produzenten bzw Verkaufsprogramm des Verkäufers für seine Zwecke geeignet ist. Der Verkäufer darf nur nicht Erzeugnisse verkaufen, von denen er weiß oder wissen muss, dass sie für den vorgesehenen Zweck ungeeignet sind. Hat sich der Käufer daher frei entschieden, haftet der Verkäufer grundsätzlich für eine besondere Beschaffenheit nicht. Der Käufer kann durch die bloß allgemein gehaltene Mitteilung des Verwendungszwecks das an die freie Auswahl der gewünschten Ware gebundene Eigenrisiko grundsätzlich nicht auf den Verkäufer überwälzen. Insbesondere beim Gattungskauf darf nämlich die Unterlassung einer Aufklärung nicht ohne Weiteres als schlüssige Zusage angesehen werden, wenn der Erwerber keine Auskünfte oder Belehrungen verlangt.
Kennt der Veräußerer allerdings die gewünschte Eigenschaft oder muss er sie erkennen, so ist bei Nichtaufklärung über die Untauglichkeit die Eignung als stillschweigend zugesagt anzusehen, außer er wusste nicht, dass die Ware zu diesem Verwendungszweck nicht geeignet ist, und musste dies auch nicht wissen, weil das Verhalten dann nicht dahin verstanden werden kann, dass der Verkäufer dem Käufer damit bereits eine bestimmte Eigenschaft zugesichert hätte.
Nach den Feststellungen des Erstgerichts wurde der vorliegende Vertrag telefonisch abgeschlossen, wobei der Geschäftsführer der klagenden Partei sagte, die Beklagte solle „den Stein“ liefern, ohne dass dabei über die Frost-Tau-Beständigkeit und Salzkristallisationsbeständigkeit bzw den dem Geschäftsführer der klagenden Partei bekannten Unterschied zwischen Wurf- und Wasserbausteinen gesprochen wurde, oder ein Prüfzeugnis über die konkret gelieferten Steine oder sonstige Aufklärung verlangt oder besondere Spezifikationen gefordert worden wären. Weiters steht fest, dass den Beklagten bei Prüfung der Steine ihres Steinbruchs entsprechend den Gepflogenheiten die Frost-Tau-Beständigkeit bescheinigt wurde.
Es kann daher hier nicht davon ausgegangen werden, dass Steine mit besonderer Qualität, also „Wasserbausteine“, vereinbart gewesen wären, oder dass die beklagten Parteien im Hinblick auf ihre Kenntnis von der Qualität der Steine und ihrem beabsichtigten Einsatzort eine stillschweigende Eignungszusage abgegeben, und deshalb ihre vertraglichen Lieferpflichten schuldhaft verletzt hätten.
Den Verkäufer einer Ware trifft nur dann eine besondere Aufklärungs- und Warnpflicht, wenn diese entweder vertraglich übernommen wurde oder sich gemäß der Verkehrssitte oder aufgrund eines Handelsbrauchs als nötig erweist. Bei Abschluss eines Kaufvertrags trifft den Verkäufer eine Aufklärungspflicht, wenn der Käufer zum Ausdruck bringt, dass er auf einen bestimmten Punkt besonderen Wert legt und daher informiert werden will, oder, wenn der Verkäufer wegen seiner überlegenen Fachkenntnisse zugleich als Berater des Käufers auftritt. Er muss den Käufer über solche Umstände aufklären, deren Bedeutung dieser mangels Fachkenntnis nicht erkennt, deren Kenntnis aber für seine Entscheidung zum Vertragsabschluss von maßgeblichem Einfluss gewesen wäre.
Art und Ausmaß der Aufklärung richten sich daher nach der Beschaffenheit und Funktionsweise des Kaufgegenstands und nach dem vorauszusetzenden Wissensstand des Käufers, somit nach den Umständen des Einzelfalls. Bei Umsatzgeschäften ohne besondere Treue- und Vertrauensbande sind an Inhalt und Umfang der Aufklärungspflichten die geringsten Anforderungen zu stellen.
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der klagenden Partei um ein Unternehmen, das sich ua mit Steinschlichtungen und der Verlegung von Steinmauern beschäftigt. Ihrem Geschäftsführer war der Unterschied zwischen Wurfsteinen und Wasserbausteinen bekannt. Bei der Bestellung orderte er dennoch lediglich „den Stein“ ohne nähere Spezifizierung. Demgegenüber war dem ehemaligen Geschäftsführer der beklagten Partei auf Verkäuferseite zwar der Verwendungszweck der Steine im Freien bekannt, allerdings auch die Tatsache, dass für die Steine aus dem eigenen Steinbruch grundsätzlich eine Frostbeständigkeit etwa zwei Jahre zuvor gutachterlich bestätigt worden war.
Angesichts dieser konkreten Umstände des hier zur Beurteilung anstehenden Einzelfalls ist daher den beklagten Parteien auch keine schuldhafte und damit haftungsbegründende Verletzung einer Aufklärungs- bzw Warnpflicht anzulasten.