OGH: Werbung mit Spitzenstellung als irreführend iSd § 2 UWG
Ein Unternehmen, das sich als das „größte“ bezeichnet, muss in den für den angegebenen Bereich maßgeblichen Belangen einen erheblichen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern haben und entsprechend leistungsfähiger sein; der Vorsprung muss deutlich und stetig sein
§ 2 UWG
GZ 4 Ob 80/15s, 11.08.2015
OGH: Auch das Verschweigen von Umständen kann irreführend iSd § 2 UWG sein, wenn dadurch ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird, der geeignet ist, die Adressaten der Werbung zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie sonst nicht getroffen hätten. Dies gilt auch dann, wenn die beanstandete Aussage bei isolierter Betrachtung wahr ist. Die Nachfrage nach einer Zeitung ist eine nachprüfbare Eigenschaft; sie wird durch die verbreitete Auflage und die Reichweite konkretisiert. Die Relevanz liegt in der Werbewirksamkeit darin veröffentlichter Anzeigen. Dabei kommt der Reichweite ein deutlich stärkeres Gewicht zu, weil die bloße Auflagezahl keinen aussagekräftigen Schluss auf die tatsächlich erreichten Personen zulässt. Wird daher die Druckauflage als allein maßgebendes Kriterium für die Spitzenstellung dargestellt, liegt darin eine irrfeührende Geschäftspraktik. Ein Unternehmen, das sich als das „größte“ bezeichnet, muss in den für den angegebenen Bereich maßgeblichen Belangen einen erheblichen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern haben und entsprechend leistungsfähiger sein. Der Vorsprung muss deutlich und stetig sein.
Die Beklagte warb für ihre Tageszeitung mit einer Spitzenstellung, wobei das dafür herangezogene Kriterium der Auflagenzahl tatsächlich nur an einem einzigen Tag erreicht wurde, die Auflage sonst aber deutlich hinter jener der Konkurrenz zurücklag. Es bestand kein über einen längeren Zeitraum hinweg gegebener stetiger Vorsprung. Die Vorinstanzen haben die Mitteilung der Beklagten daher vertretbar als irreführend iSd § 2 UWG qualifiziert.
Richtig ist zwar, dass für Auflagenzahlen auf Grund der im Vergleich zu Reichweiten genauen Berechnungsmöglichkeit weniger strenge Maßstäbe angelegt werden. Aber auch bei Auflagenzahlen hängt die Aussagekraft entscheidend davon ab, ob es sich dabei um einen Mittelwert oder um einen „Ausreißer“ handelt. Wird mit einer Tagesauflage an einem bestimmten Stichtag (insbesondere wenn dieser in die Zeit einer eintägigen auflagenerhöhenden Werbeaktion fällt) geworben, muss darauf hinweisen werden, welcher Durchrechnungszeitraum gewählt wurde und dass es sich nicht um einen statistischen Mittelwert handelt.