19.10.2015 Zivilrecht

OGH: Aktivlegitimation zur Erhebung einer Räumungsklage (hier: Eigentumsgemeinschaft und Fruchtgenussrecht)

Der außerbücherliche Erwerber einer Liegenschaft, dem der Besitz und die Verwaltung daran schon vor der Einverleibung seines Eigentumsrechts übertragen wurde, hat zwar das Recht, den Verzug des Mieters hinsichtlich der Bestandzinsforderung mit Kündigung oder Räumungsklage geltend zu machen, doch ist auch er nur im Rahmen einer Mehrheit der „Miteigentümer“ aktiv legitimiert; die Rsp, wonach zur Erhebung einer Räumungsklage gegen einen titellosen Benützer auch ein Minderheitseigentümer legitimiert ist lässt sich nicht auf die Erhebung einer Räumungsklage nach § 1118 ABGB übertragen


Schlagworte: Mietrecht, Eigentumsgemeinschaft, Fruchtgenussrecht, Räumungsklage, Aktivlegitimation
Gesetze:

 

§ 1118 ABGB, § 833 ABGB, § 509 ABGB

 

GZ 6 Ob 127/15t, 31.08.2015

 

OGH: Zur Frage der Aktivlegitimation zur Erhebung einer Räumungsklage liegt bereits eine gefestigte Jud des OGH.

 

Besteht an einem Anteil einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft ein Fruchtgenussrecht, so besteht zwischen dem Fruchtnießer und dem Miteigentümer des durch ein Fruchtgenussrecht nicht belasteten Anteils eine Rechtsgemeinschaft hinsichtlich der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse. Auf dieses Rechtsverhältnis haben die Vorschriften über die Eigentumsgemeinschaft entsprechend Anwendung zu finden. Aufgrund einer solchen Rechtsgemeinschaft, die lediglich die Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse umfasst, sind zur Ausübung der sich daraus ergebenden Rechte einerseits der Fruchtnießer, anderseits der Eigentümer des nicht belasteten Anteils entsprechend den Grundsätzen der Eigentumsgemeinschaft befugt, während der Eigentümer des mit dem Fruchtgenuss belasteten Anteils hievon ausgeschlossen bleibt.

 

Als obligatorischer Fruchtnießer der Hälfte der Liegenschaft ist die klagende Partei allein daher nicht zur Räumungsklage aktiv legitimiert. Nach den Vorschriften über die Eigentumsgemeinschaft ist zur Erhebung einer nach § 1118 ABGB gestützten Räumungsklage gegen den Hauptmieter nur die - nach Miteigentumsanteilen zu berechnende - Mehrheit der Miteigentümer berechtigt, weil die Kündigung eines Bestandvertrags in den Rahmen der ordentlichen Verwaltung fällt. Der Minderheits-Miteigentümer allein wäre zur Klage nach § 1118 ABGB nur dann berechtigt, wenn ihm ein Verwaltungsrecht an der im Miteigentum stehenden Sache zukäme oder er die Zustimmung der Mehrheitsmiteigentümer zur Klagsführung beweist. Eine solche Zustimmung zur Klagsführung durch Mag. P***** als Hälfteeigentümer hat die klagende Partei aber nicht behauptet.

 

Die konkrete Behauptung, über ein eigenes Fruchtgenussrecht an zwei Drittel der Liegenschaft zu verfügen, wurde erstmals in der Berufung und nunmehr neuerlich in der Revision erhoben. Im Verfahren erster Instanz hat die klagende Partei dies niemals ausdrücklich behauptet; die Erwähnung eines Fruchtgenussrechts erfolgte dort lediglich beispielshalber im Zuge von Rechtsausführungen.

 

Der außerbücherliche Erwerber einer Liegenschaft, dem der Besitz und die Verwaltung daran schon vor der Einverleibung seines Eigentumsrechts übertragen wurde, hat zwar das Recht, den Verzug des Mieters hinsichtlich der Bestandzinsforderung mit Kündigung oder Räumungsklage geltend zu machen, doch ist auch er nur im Rahmen einer Mehrheit der „Miteigentümer“ aktiv legitimiert. Der außerbücherliche Erwerb des Hälfteanteils von Mag. R***** durch die R***** OG im Rahmen des Übergabsvertrags reicht dafür nicht aus.

 

Die Rsp, wonach zur Erhebung einer Räumungsklage gegen einen titellosen Benützer auch ein Minderheitseigentümer legitimiert ist lässt sich nicht auf die Erhebung einer Räumungsklage nach § 1118 ABGB übertragen. Ein Fall der titellosen Benützung liegt hier unstrittig nicht vor. Zur Erhebung der Räumungsklage nach § 1118 ABGB gegen den Hauptmieter ist nur die Mehrheit der Vermieter und nicht ein bloßer Hälfteeigentümer aktiv legitimiert.