OGH: Zur Frage, ob nicht ungeachtet dessen, dass die in einem (bäuerlichen) Übergabsvertrag vom Übergeber ausbedungenen Leistungen im Zweifel eine einheitliche rechtliche Behandlung erfordern, höchstpersönliche Rechte wie ein Wohnungsrecht im Fall des Ablebens des Berechtigten eine gesonderte rechtliche Betrachtung geboten erscheinen lassen
Auch iZm der Ausübung des Wohnrechts als einer Teilleistung des Ausgedinges gilt es, allfällige bis zum Tod des Berechtigten fällig gewordenen, unberichtigt gebliebenen und erst nach drei Jahren verjährenden Leistungen iSd § 136 Abs 3 GBG zu sichern
§ 136 GBG
GZ 5 Ob 44/15d, 14.07.2015
OGH: Das Ausgedinge ist ein von LuRsp anerkanntes dingliches Recht, das zwar vom Gesetz nicht definiert und auch im GBG nicht erwähnt wird, dessen Bestand der Gesetzgeber aber voraussetzt.
Das Ausgedinge ist eine besondere, der Versorgung des Übergebers dienende Reallast, deren Umfang im Einzelfall durch den Vertrag bestimmt wird. IdR umfasst es die Leistung von Unterhalt, die Einräumung des Wohnungsrechts, die Betreuung, Reichung der Speisen und die Krankenpflege. Es ist aber durchaus zulässig, nur einzelne Ausgedingsleistungen zu vereinbaren. Der wirtschaftliche Zweck des Ausgedinges verbindet die darin enthaltenen Rechte - nämlich bloße Forderungsrechte, persönliche Dienstbarkeiten und Reallasten - zu einer Einheit, die eine einheitliche rechtliche Beurteilung erfordert. Im Zweifel können die vereinbarten Rechte also nicht einzeln für sich betrachtet werden, vielmehr muss der ganze Vertrag als Einheit behandelt werden.
Soweit die in einem Ausgedinge enthaltenen Ansprüche auf positive Leistungen bücherlich sicherzustellen sind, gelten aus grundbuchsrechtlicher Sicht die Grundsätze der Reallast. Dabei ist anerkannt, dass es nicht erforderlich ist, die einzelnen Teilleistungen getrennt im Grundbuch einzutragen. Sämtliche Ansprüche des Berechtigten, insbesondere auch dessen Wohnungsrecht, können durch die generelle Verbücherung des Ausgedinges verdinglicht werden. Es ist aber zulässig, nur einzelne Leistungen einzutragen. Neben dem Ausgedinge (für sonstige Versorgungsleistungen) kann daher auch die Dienstbarkeit des Wohnungsrechts gesondert verbüchert werden.
Der Umstand, dass das Wohnrecht Teil umfassender Versorgungsleistungen ist, die sich der Übergeber einer Liegenschaft ausbedungen hat, steht der gesonderten Eintragung der Dienstbarkeit des Wohnrechts neben der Reallast des Ausgedinges (für die sonstigen Versorgungsleistungen) also nicht entgegen.
Das Rekursgericht hat die sich aus dem Übergabsvertrag vom 6. 12. 1993 zugunsten der Berechtigten ergebenden Versorgungspflichten zutreffend als Einheit behandelt. Entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerber stellt das Wohnungsgebrauchsrecht hier nach der konkreten Vereinbarung keine von der Reallast des Ausgedinges zu unterscheidende und daher selbständig rechtlich zu beurteilende weitere Gegenleistung für die Übergabe dar. Entgegen ihrer Behauptung wurde dieses auch nicht in einem eigenen Vertragspunkt vereinbart, sondern in die Aufzählung der für ein Ausgedinge typischen Versorgungsleistungen eingebettet. Obwohl die gesonderte Eintragung der Dienstbarkeit des Wohnrechtes auch neben der Reallast des Ausgedinges (für die sonstigen Versorgungsleistungen) möglich ist, ändert auch die Tatsache der gesonderten Einverleibung hier nichts daran, dass das Wohnrecht nur als Teil umfassender Versorgungsleistungen anzusehen ist.
Die Löschung einer Dienstbarkeit, einer Reallast oder eben auch eines Ausgedinges setzt voraus, dass es zur Beendigung des Rechtsverhältnisses gekommen ist. Für die Personaldienstbarkeit legt § 529 ABGB die grundsätzliche Beendigung mit dem Tod des Berechtigten fest. Diese Bestimmung ist auch für unregelmäßige Servituten, Reallast und Ausgedinge entsprechend anzuwenden.
Im Falle des Todes des Berechtigten besteht daher ein Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG oder ein klagbarer Anspruch auf Zustimmung zur Löschung. Beim Ausgedinge ist bei der Berichtigung durch Löschung allerdings § 136 Abs 3 GBG zu beachten, der spezifische Voraussetzungen für das Erlöschen eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen regelt. Die Löschung eines Rechts auf wiederkehrende Leistungen kann nur bewilligt werden, wenn seit dem Erlöschen des Bezugsrechts drei Jahre verstrichen sind und keine Klage auf Zahlung von Rückständen im Grundbuch angemerkt ist. Zu den im § 136 Abs 3 GBG erwähnten wiederkehrenden Leistungen gehört insbesondere auch die Reallast des Ausgedinges. Dessen Löschung ist daher nur unter den in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen möglich. Das Bezugsrecht aus einem Ausgedingevertrag erlischt zwar mit dem Tod des Berechtigten, durch die Sperrfrist des § 136 Abs 3 GBG in der Dauer der gesetzlichen Verjährungsfrist für fällig gewordene Einzelbeträge wird aber der Möglichkeit Rechnung getragen, dass noch zu Lebzeiten des Berechtigten Beträge angefallen aber unberichtigt geblieben sind. Nach dem Tod des Bezugsberechtigten und dem Ablauf der Sperrfrist ohne Klagsanmerkung darf dann unter dem Gesichtspunkt des § 136 GBG vom Erlöschen gesicherter Ansprüche ausgegangen werden. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung der Last durch Verzicht ist für eine in diesem Sinne vorzeitige Löschung eine wirksame Aufsandungserklärung notwendig.
Wenn es eines der in einem Ausgedinge zu einer Einheit zusammengefassten Rechte ist, gilt § 136 Abs 3 GBG auch für die Löschung eines gesondert einverleibten Wohnrechts.
Maßgeblich dafür ist, unter welchen Voraussetzungen im Lichte der Grundbuchsberichtigung nach § 136 GBG vom Erlöschen der besicherten Ansprüche ausgegangen werden kann. Es entspricht stRsp des OGH, dass an die Stelle der ursprünglich bestehenden Forderung auf Naturalleistungen ein Geldanspruch tritt, wenn dem Ausgedingeberechtigten der Genuss des Naturalausgedinges nach dem Verhalten des Eigentümers der Übergabsliegenschaft billigerweise nicht mehr zumutbar ist (Unvergleichs- oder Nichtvertragsfall), oder er durch den zur Ausgedingeleistung Verpflichteten sonst schuldhafterweise außerstande gesetzt wurde, die bedungenen Naturalleistungen zu beziehen, insbesondere wenn der Verpflichtete mit den Naturalleistungen schuldhaft in Verzug gerät. Das vom Gläubiger wahrgenommene Recht, sich die Naturalleistungen durch Geldleistungen (auch für die Zukunft) ablösen zu lassen, führt zu einer Umwandlung des Naturalleistungsanspruchs in einen Schadenersatzanspruch. Die zukünftigen Leistungen fallen somit nicht weg, werden aber eben in eine Geldrente umgewandelt.
Im Fall des schuldhaften Verzugs der Verpflichteten mit der Bereitstellung einer Dienstbarkeitswohnung hätten die Begünstigten also das Recht, sich die Naturalleistungen durch Geldleistungen (auch für die Zukunft) ablösen zu lassen; sie haben Anspruch auf eine Geldrente. Auch iZm der Ausübung des Wohnrechts als einer Teilleistung des Ausgedinges gilt es daher, allfällige bis zum Tod des Berechtigten fällig gewordenen, unberichtigt gebliebenen und erst nach drei Jahren verjährenden Leistungen iSd § 136 Abs 3 GBG zu sichern.
Die Voraussetzungen für die Berichtigung des Grundbuchs durch Einverleibung der Löschung des aus dem Ausgedinge entspringenden Wohnrechts nach § 136 Abs 3 GBG waren hier nicht gegeben.