OGH: Zum Abfindungsanspruch des ausscheidenden Gesellschafters
Der ausscheidende Gesellschafter einer Personengesellschaft kann den Anspruch auf Abfindung nicht vor seiner Feststellung zur Aufrechnung verwenden
§ 137 UGB, § 128 HGB aF, § 138 HGB aF
GZ 6 Ob 144/14s, 29.06.2015
OGH: Der ausscheidende Gesellschafter hat einen schuldrechtlichen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft: Ihm ist in Geld auszuzahlen, was er bei der Auseinandersetzung erhalten würde, falls die Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Der Gesellschaft steht spiegelbildlich ein Ausgleichsanspruch zu und es kann den ausscheidenden Gesellschafter aufgrund der negativ ausfallenden Berechnung des Abfindungsanspruchs eine Fehlbetragszahlungspflicht treffen, für deren Berechnung die gleichen Grundsätze gelten wie für die Berechnung des Abfindungsanspruchs.
Der Auseinandersetzung bei Personengesellschaften liegt das Prinzip der Gesamtabrechnung zugrunde: Alle dem Abfindungs- bzw Rückzahlungsanspruch zugrunde liegenden Einzelansprüchen werden zu unselbständigen Abrechnungsposten und können nicht mehr selbstständig geltend gemacht werden. Dadurch sollen Hin- und Herzahlungen zwischen Gesellschaft und dem ausgeschiedenen Gesellschafter vermieden werden, weshalb erst nach der Gesamtabrechnung aller Ansprüche und Verbindlichkeiten zu ermitteln ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der ausgeschiedene Anspruch auf Abfindung hat oder ob er seinerseits zum Ausgleich verpflichtet ist. Ein Anspruch auf (anteilige) Zahlung einzelner Ansätze der Abschichtungsbilanz steht dem Ausgeschiedenen bzw der Gesellschaft nicht zu; bei ihnen handelt es sich um unselbständige Rechnungsposten in der auf Ermittlung des Abfindungsguthabens gerichteten Abschichtungsbilanz; sie verkörpern als solche daher keine Ansprüche gegen die Gesellschaft und können nicht selbständig geltend gemacht oder abgetreten werden. Der ausscheidende Gesellschafter kann allerdings Teilansprüche geltend machen, sofern sicher ist, dass er eine Abfindung zumindest in der geltend gemachten Höhe beanspruchen kann und somit die Gefahr von Hin- und Herzahlungen während des Auseinandersetzungsverfahrens nicht besteht. Die Pflicht zur Erstellung der Abschichtungsbilanz trifft die Gesellschaft. Vor Feststellung des Abfindungsanspruchs kann der Gesellschafter mit dem Abfindunganspruch auch nicht aufrechnen.
Von der Gesamtabrechnung unberührt bleiben Forderungen aus außergesellschaftlichen bzw Drittgeschäften des Gesellschafters mit der Gesellschaft.