OGH: Berufung auf Wegfall der Geschäftsgrundlage
Das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist nur als letztes Mittel heranzuziehen; wenn die geltend gemachte Änderung der Verhältnisse in keiner Weise vorauszusehen war
§ 901 ABGB
GZ 6 Ob 68/15s, 29.06.2015
OGH: Die Rsp anerkennt grundsätzlich, dass ein Vertrag gelöst werden kann, wenn die objektive Geschäftsgrundlage, die jedermann mit einem solchen Geschäft verbindet, weggefallen und damit der im Vertragsinhalt zum Ausdruck gebrachte, von beiden Teilen anerkannte wesentliche Vertragszweck dauerhaft und nicht nur zeitweilig unerreichbar geworden ist.
Ein Vertragspartner kann sich auf eine Änderung der Sachlage, deren Fortdauer eine Voraussetzung des Geschäfts bildet, nicht berufen, wenn die Änderung keine unvorhersehbare ist. Wer angesichts einer solchen Möglichkeit vorbehaltlos ein Geschäft schließt, trägt das Risiko des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist nur als letztes Mittel heranzuziehen; wenn die geltend gemachte Änderung der Verhältnisse in keiner Weise vorauszusehen war.
Bereits in der E 5 Ob 4/14w hat der OGH der Klägerin die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage aus der Erwägung versagt, dass sich hier ausschließlich ein (Kapitalmarkt-)Risiko verwirklichte, das die Klägerin trifft. Die Veräußerung des Bankbetriebs, die Zurücklegung der Bankkonzession und die nunmehr de facto bloß abwickelnde Tätigkeit der Beklagten beruhten nicht auf einer freien, einer geschäftstypischen Grundlage des Zeichnungsvertrags widersprechenden und die Klägerin benachteiligenden unternehmerischen Entscheidung, sondern waren notwendige Konsequenz des andernfalls zu erwartenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs der Beklagten. In diesem Falle hätte die Klägerin als Nachranggläubigerin gerade das wirtschaftliche Risiko des Zusammenbruchs tragen müssen und hätte sich ebenfalls nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage „Bankbetrieb“ berufen können.