OGH: Zum Export des Kinderbetreuungsgeldes
Im Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 ist von der Fiktion der (weiteren) Ausübung der Erwerbstätigkeit auszugehen, wenn ein Beschäftigungsverhältnis nur vorübergehend (für die Zeit der Karenz bzw des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld) unterbrochen wird, dem Grunde nach aber fortbesteht und dies nach nationalem Recht zu einer Teilversicherung führt
§ 24 KBGG, Art 1 VO (EG) 883/2004, Art 11 VO (EG) 883/2004
GZ 10 ObS 117/14z, 24.03.2015
OGH: Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld steht nur vor der Geburt tatsächlich erwerbstätigen Eltern offen. § 24 Abs 2 KBGG definiert als Erwerbstätigkeit die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit. Als gleichgestellt gelten Zeiten der vorübergehenden Unterbrechung dieser zuvor mindestens 6 Monate andauernden Erwerbstätigkeit während eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG sowie zum Zwecke der Kindererziehung während Inanspruchnahme einer Karenz nach dem MSchG oder VKG oder gleichartigen anderen österreichischen Rechtsvorschriften bis maximal zum Ablauf des zweiten Lebensjahres eines Kindes. § 24 Abs 2 KBGG stellt gleichzeitig auch eine Definition des Begriffs der „Beschäftigung“ iSd Art 1 lit a VO (EG) 883/2004 (zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) sowohl für das pauschale als auch für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld dar.
Art 67 der VO (EG) 883/2004 sieht einen Anspruch auf Export von Familienleistungen für Familienangehörige vor, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen. Zuständig für den Export von Familienleistungen ist jener Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften gem Art 11 ff anwendbar sind. Nach der Grundregel in Art 11 Abs 1 unterliegen Personen, die in den Anwendungsbereich der VO fallen, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsordnung hiefür in Frage kommt, ist in Art 11 Abs 3 geregelt. Im gegebenen Zusammenhang ist Art 11 Abs 3 lit a VO relevant, wonach eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats unterliegt; dies unabhängig davon, wo die betreffende Person ihren Wohnsitz hat.
Geht man davon aus, dass § 24 Abs 2 KBGG auch als Definition des Begriffs „Beschäftigung“ iSd Art 1 lit a VO (EG) 883/2004 für den Bereich des KBGG zu verstehen ist, definiert diese Regelung „Erwerbstätigkeit/Beschäftigung“ als die tatsächliche Ausübung einer in Österreich sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit. Als Beschäftigung iSd Art 1 lit a VO (EG) 883/2004 gilt auch eine „gleichgestellte Situation“. In kollisionsrechtlicher Hinsicht ist daher auch der Bezug von Krankengeld (auch ohne parallele Entgeltfortzahlung) als „Beschäftigung“ iSd Art 11 Abs 2 VO (EG) 883/2004 zu qualifizieren, weil eine Teilversicherung in der Pensionsversicherung besteht.