VwGH: Zur Frage, ob das BVwG über eine Beschwerde des Disziplinaranwaltes gegen einen Nichteinleitungsbeschluss gem §§ 135a Abs 3 Z 2 und § 135b Abs 1 BDG iVm § 7 Abs 2 BVwGG durch einen Senat oder durch einen Einzelrichter zu entscheiden hat
Mit der Entscheidung gem § 123 BDG gegen einen Beamten ein Disziplinarverfahren wegen bestimmter Vorwürfe einzuleiten oder nicht einzuleiten erfolgt bloß eine Konkretisierung der Vorwürfe im Disziplinarverfahren, damit wird noch keine Entscheidung über Schuld und Strafe getroffen; daher kann darin kein besonders starker Eingriff in die Rechtsstellung eines Bediensteten erblickt werden; es war daher rechtmäßig, wenn das BVwG über die Beschwerde des Disziplinaranwalts durch eine Einzelrichterin entschied
§§ 91 ff BDG, § 43 BDG, §§ 123 ff BDG, § 135a BDG, § 135a BDG, § 6 BVwGG
GZ Ra 2014/09/0042, 21.04.2015
VwGH: Es ist von der in § 6 BVwGG statuierten Regel auszugehen, dass das BVwG durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die in § 135a Abs 1 und 2 BDG vorgesehenen Ausnahmen zu Gunsten von Senatsentscheidungen kommen hier nicht in Betracht. Es könnte aber fraglich erscheinen, ob der Ausnahmefall des § 135a Abs 3 Z 2 BDG zum Tragen kommt, wonach über Beschwerden des Disziplinaranwalts "gegen ein Erkenntnis" durch einen Senat zu entscheiden ist. Diese Ausnahme trifft jedoch bei näherer Betrachtung des Gesetzeswortlautes auf Beschwerden des Disziplinaranwalts gegen eine Entscheidung der Disziplinarkommission gem § 123 BDG nicht zu, weil es sich bei einem Bescheid über einen "Einleitungsbeschluss" (§ 123 Abs 2 BDG) nicht um ein "Erkenntnis" der Disziplinarkommission iSd § 135a Abs 3 Z 2 BDG (vgl § 124 BDG: "Disziplinarerkenntnis") handelt.
Auch der in den Erläuterungen der Regierungsvorlage erkennbare historische Wille des Gesetzgebers spricht hier für die Zuständigkeit der Einzelrichterin, es sollten "besonders starke Eingriffe in die Rechtsstellung von Bediensteten einer Entscheidung durch einen Senat vorbehalten bleiben". Mit der Entscheidung gem § 123 BDG gegen einen Beamten ein Disziplinarverfahren wegen bestimmter Vorwürfe einzuleiten oder nicht einzuleiten erfolgt jedoch bloß eine Konkretisierung der Vorwürfe im Disziplinarverfahren, damit wird noch keine Entscheidung über Schuld und Strafe getroffen. Daher kann darin kein besonders starker Eingriff in die Rechtsstellung eines Bediensteten in diesem Sinne erblickt werden. Es war daher rechtmäßig, wenn das BVwG über die Beschwerde des Disziplinaranwalts durch eine Einzelrichterin entschied.