18.08.2015 Zivilrecht

OGH: Veröffentlichungsinteresse des Beklagten im Verbandsprozess?

Der Schutz des wirtschaftlichen Rufs der obsiegenden Beklagten kann eine Veröffentlichung rechtfertigen, wenn das Infragestellen ihrer Klauseln einem breiten Publikum bekannt geworden ist oder die Entscheidung in einem öffentlich ausgetragenen Meinungsstreit von allgemeinem Interesse ist; im Fall eines nur geringfügigen Obsiegens muss dem Beklagten aber nicht generell die gleiche Möglichkeit einer Information der Öffentlichkeit geboten werden wie dem Kläger


Schlagworte: Konsumentenschutzrecht, Verbandsklage, Urteilsveröffentlichung, teilweise Abweisung des Unterlassungsbegehrens, Veröffentlichungsinteresse des Beklagten
Gesetze:

 

§ 28 KSchG, § 30 KSchG, § 25 UWG

 

GZ 8 Ob 58/14h, 27.05.2015

 

OGH: Die Urteilsveröffentlichung hat im Klauselprozess den Zweck, das Unterlassungsgebot zu sichern und nicht nur eine schon bestehende unrichtige Meinung des Adressatenkreises zu unterbinden, sondern auch deren weiteres Umsichgreifen zu verhindern und das durch rechtswidrige Maßnahmen irregeführte Publikum aufzuklären.

 

Auch im Fall der Abweisung des Unterlassungsbegehrens ist dem Beklagten bei berechtigtem Interesse ein Anspruch auf Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils der Entscheidung zuzugestehen, insbesondere um einen beim Publikum durch die Veröffentlichung des klagsstattgebenden Teils der Entscheidung entstehenden „falschen Eindruck“ richtigzustellen oder weil gerade die betroffenen Klauseln zu den gesetzlich zwingenden Angaben in Verbraucherverträgen gehören. Der Schutz des wirtschaftlichen Rufs der obsiegenden Beklagten kann eine Veröffentlichung rechtfertigen, wenn das Infragestellen ihrer Klauseln einem breiten Publikum bekannt geworden ist oder die Entscheidung in einem öffentlich ausgetragenen Meinungsstreit von allgemeinem Interesse ist.

 

Im Fall eines nur geringfügigen Obsiegens muss dem Beklagten aber nicht generell die gleiche Möglichkeit einer Information der Öffentlichkeit geboten werden wie dem Kläger.

 

Es entspricht einer selbstverständlichen allgemeinen Rechtspflicht, dass Klauseln und Geschäftspraktiken rechtskonform gestaltet werden, die mit der Erwartungshaltung der Verbraucher einhergeht, im Regelfall gültige Klauseln vorzufinden. Im vorliegenden Fall würde das Publikum aus einer Veröffentlichung (auch) des in eher geringem Umfang klagsabweisenden Teils des Urteilsspruchs lediglich erfahren, dass die Beklagte zahlreiche, aber nicht ausschließlich rechtswidrige Klauseln verwendet hat. Ein besonderer Bedarf an dieser Information ist bezüglich der mit dem vorliegenden Teilurteil erledigten Spruchpunkte nicht zu erkennen, auch nicht aus Sicht der Beklagten. Andere berücksichtigungswürdige Gründe, die für ein Veröffentlichungsinteresse sprechen könnten, wurden nicht geltend gemacht.