18.08.2015 Zivilrecht

OGH: Auftragserteilung an Rechtsanwalt – Belehrungs- und Beratungspflichten

Belehrungs- und Beratungspflichten des Anwalts dürfen nicht überspannt werden; ob ein Rechtsanwalt im Einzelfall die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls geprüft werden


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Rechtsanwalt, Belehrungspflichten, Beratungspflichten
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, §§ 1002 ff ABGB, §§ 1165 ff ABGB

 

GZ 1 Ob 82/15p, 21.05.2015

 

OGH: Der Vertrag eines Rechtsanwaltes mit seinem Klienten ist idR ein Bevollmächtigungsvertrag, kann im Einzelfall aber auch ein Werkvertrag sein, zB über die Erstattung eines Rechtsgutachtens oder die Errichtung eines Vertrags. Formvorschriften für das Zustandekommen dieses Vertrags bestehen nicht.

 

Belehrungs- und Beratungspflichten des Anwalts dürfen nicht überspannt werden. Ob ein Rechtsanwalt im Einzelfall die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls geprüft werden.

 

In einem Sideletter zum Kaufvertrag war eine Rücktrittsmöglichkeit der Beklagten bei Erwerb der Liegenschaftsanteile über eine noch zu gründende Tochtergesellschaft verankert worden. Die Beklagte, die die ihr von der Verkäuferseite genannte Rechtsvertretung mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrags beauftragt hatte, war unabhängig davon selbst anwaltlich vertreten. Wenn das Berufungsgericht ausgehend von dem vom Erstgericht zur Grunderwerbssteuerproblematik festgestellten Sachverhalt, wonach die Beklagte diese Problematik vereinbarungsgemäß selbst klären sollte, dazu keinen Sorgfaltsverstoß der Kläger angenommen hat, liegt darin jedenfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung.

 

In gleicher Weise vermag der Verweis auf Punkt 7.3. des Statuts 2010 der Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien „Elektronisches Anwaltliches Treuhandbuch (eATHB)“ keinen Fehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen, weil dem als Treuhänder vorgesehenen Viertkläger die Abwicklung der Treuhandschaft - da nicht in eigener Sache - nicht untersagt war.

 

Auch in der Revision behauptet die Beklagte zwar, die Verkäuferin hätte ihrerseits die Liegenschaft nicht erworben, weil der Kaufvertrag nichtig sei, legt aber nicht dar, warum der in seiner Wirksamkeit nicht von diesem Kaufvertrag abhängige Auftrag zur Errichtung des Vertrags deswegen nichtig gewesen sein sollte.