10.08.2015 Zivilrecht

OGH: § 1330 ABGB und Verjährung

Die Kenntnis des Sachverhaltes, der den Grund des Entschädigungsanspruches darstellt, beginnt erst, wenn dem Beschädigten der Sachverhalt soweit bekannt wurde, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg anstellen hätte können


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Ehrenbeleidigung, Kreditschädigung, Verjährung
Gesetze:

 

§ 1330 ABGB, § 1490 ABGB, § 1489 ABGB

 

GZ 6 Ob 27/15m, 27.04.2015

 

Der dem gegenständlichen, auf § 1330 Abs 2 ABGB gestützten, Klagebegehren zugrunde liegende Zeitungsartikel der Beklagten erschien am 17. 2. 2011, die vorliegende Klage ist seit 28. 3. 2014 gerichtsanhängig. Der Ausspruch des Berufungsgerichts, der Anspruch der Klägerin sei (dennoch) nicht verjährt, gründet in der Überlegung, der Klägerin sei die Person des Schädigers erst aufgrund des Schreibens des Bezirkspolizeikommandos ***** vom 28. 3. 2011 soweit bekannt geworden, dass sie eine Klage mit Aussicht auf Erfolg habe erheben können. Mit diesem Schreiben sei ihr erst bekannt geworden, dass die im Zeitungsartikel erwähnten, namentlich jedoch nicht genannten Polizeibeamten die von der Klägerin als kreditschädigend angesehenen Äußerungen gar nicht getätigt haben sollen.

 

OGH: Nach stRsp des OGH ist unter der Voraussetzung, dass das vom (iSd § 1330 ABGB) Verletzten bekämpfte Zitat in einer wahrheitsgetreuen Wiedergabe der Äußerung des Dritten bestand und keine Identifikation des Verbreiters mit der veröffentlichten Meinung des Zitierten stattfand, zu prüfen, ob sich aus der gebotenen Interessensabwägung ein Rechtfertigungsgrund ergibt. Die Weiterverbreitung ist dabei dann gerechtfertigt, wenn das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der Äußerung die Interessen des Verletzten überwiegt, etwa wegen der aktuellen, besonderen Wichtigkeit des Themas.

 

Der im vorliegenden Verfahren inkriminierte Zeitungsartikel gibt Aussagen von Polizeibeamten wieder, und zwar überwiegend wortwörtlich; dies gilt va für die Aussage „Vor der Disco finden seit einiger Zeit laufend Schlägereien statt, es geht sehr brutal zu“. Der Artikel identifiziert sich iSd erwähnten Rsp auch nicht mit diesen Aussagen. Ein Interesse der Öffentlichkeit an den geschilderten Vorfällen vor dem Lokal der Klägerin ist durchaus zu bejahen. Damit müsste eine auf § 1330 ABGB gestützte Klage gegen die Beklagte scheitern, sollten die Aussagen der erwähnten Beamten wahrheitskonform wiedergegeben worden sein. Dass die Beamten die angeführten Aussagen gar nicht getätigt haben sollen, erfuhr der Kläger aber erst durch das Schreiben vom 28. 3. 2011. Erst zu diesem Zeitpunkt hatte er Kenntnis nicht nur des erlittenen Schadens, sondern auch der sonstigen Umstände, die in ihrem Zusammenspiel eine Haftpflicht der Beklagten begründen können.

 

Die Verneinung des von der Beklagten erhobenen Verjährungseinwands ist deshalb durchaus vertretbar (vgl die Dreijahresfrist nach §§ 1490, 1489 ABGB). Einer allgemeinen Beantwortung der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage bedarf es nicht.