03.08.2015 Strafrecht

OGH: § 51 RL-BA – Provisionsverbot für jede berufliche Tätigkeit als Eingriff in die Erwerbsfreiheit der Rechtsanwälte

Der OGH stellt gem Art 89 Abs 2 B-VG iVm Art 139 Abs 1 Z 1 B-VG an den VfGH den Antrag, § 51 der Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes und für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und des Rechtsanwaltsanwärters wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben


Schlagworte: Rechtsanwalt, Disziplinarrecht, Provisionsverbot für jede berufliche Tätigkeit
Gesetze:

 

§ 51 RL-BA, § 5 RL-BA

 

GZ 26 Os 9/14i, 15.06.2015

 

OGH: § 51 RL-BA statuiert ein Provisionsverbot für jede berufliche Tätigkeit jeder Person, die Rechtsanwalt ist, selbst dann, wenn sie gar nicht die Rechtsanwaltschaft ausübt (vgl § 5 Satz 3 RL-BA).

 

Für den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag bestand keine gesetzliche Grundlage dafür, im Verordnungsweg (§ 51 RL-BA) derart in die Erwerbsfreiheit der Rechtsanwälte einzugreifen. Es gibt keine gesetzliche Norm, welche unmittelbar oder mittelbar generell dem Rechtsanwalt die Vereinbarung oder Entgegennahme eines Maklerlohns (Provision) verbietet.

 

Die gesetzliche Regelung für das Honorar des Rechtsanwalts findet sich in § 16 Abs 1 RAO. Dessen erster Satz lautet: „Der Rechtsanwalt kann sein Honorar mit der Partei frei vereinbaren.“ Er ist hiebei lediglich nicht berechtigt, „eine ihm anvertraute Streitsache ganz oder teilweise an sich zu lösen“ (Satz 2 leg cit). Die im Einzelfall durchaus vorzunehmende Prüfung, ob etwa infolge einer Interessenkollision gegen § 9 RAO verstoßen wird, rechtfertigt nicht das generelle gänzliche Verbot eines Maklerlohns (Provision) für alle denkbaren und auch unbedenklichen Fälle.

 

Das in § 51 RL-BA im Verordnungsweg an Rechtsanwälte gerichtete Verbot, für die berufliche Tätigkeit (zufolge § 5 Satz 3 RL-BA auch dann, wenn dabei nicht die Rechtsanwaltschaft ausgeübt wird), einen Maklerlohn (eine Provision) zu vereinbaren oder entgegenzunehmen, widerspricht demnach der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs 1 Satz 1 RAO. Daran ändert der Umstand nichts, dass im Einzelfall die Beschränkungen und Verpflichtungen der §§ 879, 1009 ABGB (iVm § 16 Abs 1 Satz 2 RAO) zutreffendenfalls zu beachten sind.

 

Für den in der Lit geäußerten Vorschlag, § 51 RL-BA „durch Auslegung dahin zu reduzieren, dass durch die Vereinbarung oder Entgegennahme einer Provision keine Berufspflichten verletzt und Ehre und Ansehen des Standes nicht gefährdet werden dürfen“, sieht der OGH keine Grundlage. Denn die angefochtene Bestimmung steht in bemerkenswertem Gegensatz zu einem Verbot wie in § 5 Satz 2 RL-BA, das gezielt auf Fälle eingeschränkt ist, in denen bei Zuwiderhandeln Ehre und Ansehen des Standes verletzt werden. Eine derartige Einschränkung ist § 51 RL-BA iVm § 5 Satz 3 RL-BA gerade nicht zu entnehmen.

 

Es war daher der aus dem Spruch ersichtliche Antrag zu stellen (Art 89 Abs 2, 139 Abs 1 Z 1 B-VG).