OGH: § 231 ABGB – Selbsterhaltungsfähigkeit iZm Anfangsphase als Profisportler
Einer zielstrebigen Arbeitssuche ist die Aufnahme einer - nicht von vornherein zum Scheitern verurteilten - selbständigen Tätigkeit (hier als Profisportler) gleichzuhalten; erzielt der Unterhaltsberechtigte in der Anfangsphase dieser Tätigkeit kein ausreichendes Einkommen, ist er daher ebenso wenig wie bei einer Arbeitssuche als selbsterhaltungsfähig anzusehen
§ 231 ABGB, § 140 ABGB aF
GZ 2 Ob 7/15s, 09.04.2015
OGH: Nach der Berufsausbildung ist dem Unterhaltsberechtigten ein angemessener Zeitraum für die zielstrebige Arbeitsplatzsuche einzuräumen; gleiches muss nach dem Abbruch eines bis dahin (trotz an sich abgeschlossener Berufsausbildung) betriebenen Studiums gelten. Einer zielstrebigen Arbeitssuche ist die Aufnahme einer - nicht von vornherein zum Scheitern verurteilten - selbständigen Tätigkeit (hier als Profisportler) gleichzuhalten. Erzielt der Unterhaltsberechtigte in der Anfangsphase dieser Tätigkeit kein ausreichendes Einkommen, ist er daher ebenso wenig wie bei einer Arbeitssuche als selbsterhaltungsfähig anzusehen. Auf dieser Grundlage ist das Aufrechtbleiben der Unterhaltspflicht bis März 2011 trotz des Studienabbruchs im Jänner 2011 unbedenklich. Dass er davor nicht zielstrebig studiert hätte, lässt sich den Feststellungen der Vorinstanzen nicht entnehmen.
Nach dem Scheitern der selbständigen Tätigkeit nahm der Sohn im September 2012 ein (anderes) Studium auf, das er nun „ernsthaft und zielstrebig“ betreibt. Die Auffassung des Rekursgerichts, dass damit die Unterhaltspflicht wieder auflebte, ist vertretbar.
Ein den Lebensverhältnissen der Eltern und den Anlagen und Fähigkeiten des Kindes entsprechendes Studium schiebt den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit hinaus, sofern es das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt. Dies gilt nach stRsp nicht nur für Absolventen einer allgemeinbildenden höheren Schule, sondern gleichermaßen für Absolventen einer berufsbildenden mittleren oder höheren Lehranstalt, selbst wenn deren Schulabschluss mit der Berechtigung zur Ausübung eines Lehrberufs oder den Voraussetzungen für die Ausübung eines Gewerbes verbunden ist. Der OGH hat auch ausgesprochen, dass einem Absolventen einer berufsbildenden höheren Schule, der schon einige Zeit einer Arbeit nachgegangen war und nun die Ausbildung an einer Fachhochschule anstrebte, bei entsprechender Eignung, nachhaltigem Studium und der Erwartung eines besseren Fortkommens ein Unterhaltsanspruch nicht verwehrt werden kann.
Die vom Vater in diesem Zusammenhang angeführte Rsp zur einjährigen „Überlegungsfrist“ des Unterhaltsberechtigten in Bezug auf die Studienwahl steht dem nicht entgegen. Nach dieser Rsp ist bei einem Studienwechsel (im Regelfall) eine Dauer des ersten Studiums, die über ein Jahr hinausgeht, auf die durchschnittliche Dauer des zweiten Studiums anzurechnen; die Unterhaltspflicht endet daher beim zweiten Studium entsprechend früher. Das beruht auf der Wertung, dass der Unterhaltsberechtigte ohnehin schon während des ersten Studiums Unterhalt erhalten hatte; ein (zu) später Studienwechsel soll den Unterhaltsverpflichteten nicht belasten. Eine solche Situation liegt hier aber nicht vor, weil das erste Studium des Sohnes jedenfalls weniger als ein halbes Jahr gedauert hatte. Nur während dieses Studiums (und zweier weiterer Monate) hatte der Vater Unterhalt geleistet, danach ohnehin nicht.
Da für den Zeitraum von April 2011 bis August 2012 kein Unterhaltsanspruch besteht, kommt es nicht darauf an, ob die in diesem Zeitraum bezogenen Sponsorgelder Eigeneinkommen sind oder nicht.