06.07.2015 Wirtschaftsrecht

OGH: Zum Inlandsvermögen einer aufgelösten Limited

Nimmt die englische Krone ihr Heimfallsrecht tatsächlich nicht in Anspruch und besteht keine Möglichkeit einer Wiedereintragung im englischen Register, so wären die Vorschriften über die Nachtragsliquidation einer GmbH analog anzuwenden


Schlagworte: Limited Company, Auflösung, Verlust der Rechtsfähigkeit, Restgesellschaft, Nachtragsliquidation
Gesetze:

 

§ 10 IPRG, § 12 IPRG, § 215 AktG, §§ 93 ff GmbHG.

 

GZ 6 Ob 178/14s, 19.03.2015

 

OGH: Die Löschung einer Limited Company im Register („struck off and dissolved“) wirkt nach englischem Recht konstitutiv und bewirkt die Beendigung (dissolution) der Existenz der Gesellschaft als Rechtsträger (juristische Person) und der Vertretungsbefugnisse. Dass sich das Heimfallsrecht der englischen Krone nicht auf ausländisches Vermögen bezieht, ergibt sich jedoch nicht aus dem Companies Act 1985. Die Erklärung auf der homepage des „Treasure Solicitor's Department“ („do not deal with foreign assets“) hat keine normative Kraft und lässt offen, ob die behauptete Nichtbefassung mit ausländischen Vermögenswerten tatsächlich eine Selbstbeschränkung der englischen Jurisdiktion bedeutet oder etwa nur ein bloßes Faktum ohne rechtliche Selbstbeschränkung der Jurisdiktion darstellt. Dies ist im fortgesetzten Verfahren ebenso zu klären wie die allfällige Möglichkeit einer Wiedereintragung im englischen Register.

 

Ist eine Gesellschaft nach dem für sie maßgeblichen Recht des Gründungsstaates erloschen, so ist dieser Status überall in der EU verbindlich. Das nicht im Vereinigten Königreich gelegene Vermögen kann daher nicht mehr der gelöschten Gesellschaft zugeordnet werden.

 

Das in Österreich gelegene Vermögen der erloschenen Limited wäre einer juristischen Person zuzuweisen, die man als „Restgesellschaft“ bezeichnen könnte. Diese Restgesellschaft wäre mit der gelöschten Limited nicht ident, weil im Unionsrecht der Verlust der Rechtsfähigkeit der Limited nach englischem Recht auch von den anderen Mitgliedstaaten zur Kenntnis zu nehmen ist. Die Restgesellschaft wäre vielmehr eine von der österreichischen Rechtsordnung entwickelte Hilfskonstruktion, auf die österreichisches Gesellschaftsrecht anzuwenden wäre. In Analogie zur Nachtragsliquidation einer österreichischen GmbH wäre eine Fortsetzung (Reaktivierung) der Restgesellschaft zu einer werbenden Gesellschaft nicht möglich und es wären die Vorschriften über die Nachtragsliquidation einer GmbH analog anzuwenden.