22.06.2015 Zivilrecht

OGH: Zur Anwendung der E C-65/09 (Weber) und C-87/09 (Putz) auf Unternehmensgeschäfte

Die Rsp des EuGH zur Verbrauchsgüterkauf-RL und zur Nachlieferungspflicht (Aus- und Einbaukosten) ist nicht im Wege richtlinienkonformer Auslegung über den Verbrauchsgüterkauf hinaus auf andere Kaufverträge anwendbar


Schlagworte: Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, Gewährleistung, Schadenersatz, Mangelschaden, Mangelfolgeschaden
Gesetze:

 

§ 881 ABGB, §§ 1295 ff ABGB, § 932 ABGB, Art 3 Verbrauchsgüterkauf-RL

 

GZ 9 Ob 64/13x, 25.03.2014

 

Der Hersteller lieferte einem Bauunternehmen im Wege eines Zwischenhändlers mangelhaftes Baumaterial, das Bauunternehmen begehrt vom Hersteller den Ersatz der Kosten für die Neuausführung der Bauarbeiten

 

OGH: Nach stRsp bestehen Schutz- und Sorgfaltspflichten aus einem Vertragsverhältnis nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber bestimmten dritten Personen, die durch die Vertragserfüllung erkennbar in erhöhtem Maße gefährdet werden und der Interessensphäre eines Vertragspartners angehören. Erfasst werden ua Dritte, an denen der Vertragspartner ein sichtbares eigenes Interesse hat oder hinsichtlich welcher ihm selbst offensichtlich eine Fürsorgepflicht zukommt. Der geschädigte Dritte wird aber dann nicht in den Schutzbereich eines fremden, dh zwischen anderen geschlossenen Vertrags einbezogen, wenn er selbst einen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch aus eigenem Vertrag gegen einen der beiden Kontrahenten hat.

 

Das bloße Vermögen dritter Personen wird nach der Rsp in den Schutzbereich solcher Verträge nicht einbezogen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn die Hauptleistung gerade einem Dritten zukommen soll. Dies ist bei der Lieferung von Baumaterialien an ein Bauunternehmen der Fall. Ausgehend von der Subsidiarität des Anspruchs aus der Verletzung des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter hat die Klägerin aber nur einen Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens und nicht des Mangelschadens (weil dafür verschuldensunabhängige Gewährleistungsrechte bestehen).

 

Die Gewährleistung für eine mangelhaft gelieferte Ware umfasst nach der Rsp des EuGH zur Verbrauchsgüterkauf-RL zwar auch den Ersatz der Ein- und Ausbaukosten. Die richtlinienkonforme Auslegung des § 932 Abs 2 ABGB ist aber auf Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern (§ 1 KSchG) beschränkt und erstreckt sich nicht auf Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern. Es kann nämlich nicht angenommen werden, dass es dem Willen des österreichischen Gesetzgebers entspräche, eine so weitgehende Ausdehnung der Nachlieferungspflicht, wie sie der EuGH in den Rechtssachen C-65/09 (Weber) und C-87/09 (Putz) für den Verbrauchsgüterkauf vorgenommen hat, im Wege richtlinienkonformer Auslegung auch auf andere Kaufverträge zu erstrecken.