15.06.2015 Verfahrensrecht

OGH: Zur Zulässigkeit des Rechtswegs für Streitigkeiten zwischen Miteigentümern

Die Zuweisung ins Außerstreitverfahren nach § 838a ABGB ist auf mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache „unmittelbar zusammenhängende gemeinschaftsrechtliche“ Streitigkeiten beschränkt


Schlagworte: Miteigentum, Streitigkeiten, Zulässigkeit des Rechtswegs, Außerstreitverfahren
Gesetze:

 

§ 40a JN, § 838a ABGB

 

GZ 5 Ob 46/14x, 24.03.2015

 

OGH: In welchem Verfahren eine Rechtssache zu behandeln ist, richtet sich nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sondern nach dem Inhalt des Begehrens und dem Parteivorbringen (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen der das Verfahren einleitenden Partei. Von Bedeutung ist die Natur bzw das Wesen des erhobenen Anspruchs; die Behauptungen des Gegners sind für die Beurteilung der Frage, ob eine Sache ins Außerstreitverfahren oder auf den ordentlichen Rechtsweg gehört, ebenso wenig relevant wie die getroffenen Feststellungen. Im Zweifel gehören alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Sachen auf den Prozessweg. An diesen Grundsätzen hat auch § 838a ABGB nichts geändert.

 

Nach § 838a ABGB sind Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten im Außerstreitsverfahren zu entscheiden, und zwar auch dann, wenn der Auseinandersetzung eine Vereinbarung der Miteigentümer zugrunde liegt. Weiterhin auf den streitigen Rechtsweg gehören Ansprüche, die nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis gegründet sind, sondern auch auf weitere Rechtsgrundlagen.

 

Zu den in das Außerstreitverfahren verwiesenen Rechten und Pflichten der Teilhaber zählen insbesondere auch Streitigkeiten aus einer Benützungsregelung. Die Zuweisung in das Außerstreitverfahren nach § 838a ABGB ist allerdings auf mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache „unmittelbar zusammenhängende“ Streitigkeiten beschränkt. Rechte und Pflichten aus einer von den Miteigentümern getroffenen und/oder sie bindenden Vereinbarung hängen jedenfalls nur dann iSd § 838a ABGB mit der Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache unmittelbar zusammen, wenn sie als „gemeinschaftsrechtlich“ zu qualifizieren sind. Eine im Rahmen eines Bestandsverhältnisses getroffenen Benützungsvereinbarung ist nicht als gemeinschaftsrechtliche Vereinbarung iSd § 838a ABGB zu qualifizieren, auch wenn der andere Miteigentümer dieser Vereinbarung beigetreten und der Bestandnehmer später Miteigentümer geworden ist.