OGH: Zur Bewilligung der Wiedereinsetzung bei Unfall eines Rechtsanwaltes
Hätte der RA trotz seines Oberarmbruches telefonisch für eine Stellvertretung sorgen können, so ist die Wiedereinsetzung ausgeschlossen
§ 146 ZPO, § 21 AußStrG, § 62 AußStrG
GZ 5 Ob 46/14x, 24.03.2015
OGH: Die Anfechtung der Bestätigung der Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags (§ 21 AußStrG) ist im Außerstreitverfahren nicht jedenfalls unzulässig, sondern zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG vorliegen, also wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rsp des OGH abweicht oder eine solche Rsp fehlt oder uneinheitlich ist.
Grobes Verschulden des Vertreters und/oder seiner Hilfskräfte ist im Wiedereinsetzungsverfahren der Partei zuzurechnen; dabei ist an rechtskundige Personen, insbesondere an berufsmäßige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen, als an rechtsunkundige Parteien. Die Erkrankung des vertretenden RA kann nur dann ein Grund für eine Wiedereinsetzung sein, wenn sie die rechtzeitige Bestellung eines Vertreters unmöglich macht, sei es weil die Erkrankung plötzlich auftritt und für eine rechtzeitige Vertretung nicht mehr gesorgt werden kann, oder weil zufolge der Krankheit die Dispositionsfähigkeit des RA ausgeschlossen ist. Bestand jedoch die Möglichkeit, bis zum Fristablauf durch Substitution Abhilfe zu schaffen, so ist die Wiedereinsetzung nicht zu bewilligen.
Die Rechtsansicht, weil der verunfallte RA nicht für eine Vertretung gesorgt habe, obwohl ihm dies - rechtlich und faktisch - möglich gewesen wäre, sei die Wiedereinsetzung ausgeschlossen, ist zumindest keine grobe, aus Gründen der Rechtssicherheit korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Ist aber davon auszugehen, dass es dem RA im konkreten Fall - ungeachtet seiner Tätigkeit als Einzelanwalt und ohne Beschäftigung von Personal - ohnedies möglich gewesen wäre, trotz seines Oberarmbruches telefonisch für eine Stellvertretung zu sorgen, ist die Frage der Einhaltung des Standards einer gut organisierten Rechtsanwaltskanzlei nicht mehr entscheidungsrelevant.