09.06.2015 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Auflösung von Rücklagen vor einer Kapitalherabsetzung

Die Haftrücklage ist keine Rücklage iSd § 183 AktG, die Nichtauflösung der Haftrücklage vor der Beschlussfassung über die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist somit nicht rechtswidrig


Schlagworte: Kreditinstitut, AG, Kapitalherabsetzung, Auflösung von Rücklagen
Gesetze:

 

§§ 182 AktG, § 183 AktG, § 23 BWG, § 57 BWG

 

GZ 6 Ob 90/14z, 27.04.2015

 

OGH: Die vereinfachte Kapitalherabsetzung soll nach § 182 Abs 1 AktG dazu dienen, einen sonst auszuweisenden Bilanzverlust zu decken. Sie ist somit eine Maßnahme im Fall eines Verlusts. Wenn nun zur Deckung eines sonst auszuweisenden Verlusts (der im vorliegenden Fall insolvenzreifen Bank) die vereinfachte Kapitalherabsetzung aller Aktien auf ein Nominale von Null Euro beschlossen wurde, so ist kraft § 23 Abs 4 Z 4 BWG zwingende Folge, dass auch das Nominale der Partizipationsscheine auf Null Euro herabgesetzt werden muss. Andernfalls würde nämlich das Partizipationskapital nicht „wie das Aktienkapital bis zur vollen Höhe am Verlust“ teilnehmen.

 

Mit dem BG über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BGBl I 2014/98) wurde mit Inkrafttreten am 1. 1. 2015 in § 57 Abs 5 BWG eingefügt, dass „die Haftrücklage keine Rücklage iSd § 183 AktG ist.“. Nach den Materialien sollte es sich dabei um eine „Klarstellung“ handeln. Im Lichte dieser Novelle wird die Rechtsansicht der Entscheidung 2 Ob 84/13m, die Haftrücklage hätte gem § 183 AktG vor der Beschlussfassung über die vereinfachte Kapitalherabsetzung aufgelöst werden müssen, nicht aufrechterhalten. Die Nichtauflösung der Haftrücklage vor der Beschlussfassung über die vereinfachte Kapitalherabsetzung war somit nicht rechtswidrig, der diesbezügliche Hauptversammlungsbeschluss aber nur anfechtbar und nicht nichtig.

 

Der Fonds für allgemeine Bankrisiken nach § 23 Abs 1 Z 3 iVm § 57 Abs 3 und 4 BWG wird in § 183 AktG (iVm § 229 UGB) aber nicht genannt. Die Frage, ob vor der vereinfachten Kapitalherabsetzung der Fonds für allgemeine Bankrisiken aufgelöst hätte werden müssen, muss hier nicht abschließend beurteilt werden, weil kein anfechtungsbefugter Aktionär eine Anfechtungsklage nach § 197 AktG erhoben hat.