OGH: Verkauf von Liegenschaften aus Konkursmassen und Sittenwidrigkeit iSd § 879 Abs 1 ABGB (iZm Vorausleistungspflicht des Käufers)
Welchen Gefahren die Revisionswerber aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung, die eine Vorauszahlung des Kaufpreises vorsah, in unzumutbarer Weise ausgesetzt sein sollten, bleibt auch in ihren umfangreichen Revisionsausführungen offen; die bloße Rechtsbehauptung, an den den Käufern auferlegten wirtschaftlichen Risiken ändere auch der Umstand nichts, dass der Verkäufer ein Masseverwalter ist, vermag substantielle inhaltliche Ausführungen nicht zu ersetzen
§ 879 ABGB
GZ 1 Ob 49/15k, 19.03.2015
OGH: Eine Sittenwidrigkeit iSd § 879 Abs 1 ABGB liegt nicht vor: Zur von den Beklagten bezweifelten Ausgewogenheit der wechselseitigen Vertragspositionen hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass nach dem Vertrag zwar der Kaufpreis innerhalb von sieben Tagen nach Vertragsunterfertigung fällig war, andererseits aber die Beklagten schon mit Rechtswirksamkeit des Vertrags (und damit noch vor Kaufpreiszahlung) in den physischen Besitz und Genuss der Liegenschaft gelangen sollten. Diesem Argument wird in der Revision lediglich entgegengehalten, den Käufern komme vorerst nur die Nutzungsmöglichkeit, nicht aber das (vom Verkäufer geschuldete) Eigentum zu. Dies reicht für sich aber für die Annahme einer sittenwidrigen Verschlechterung ihrer Rechtsposition nicht aus. Unverständlich ist das weitere Argument, die faktische Besitzeinräumung könne „bei allfälligen Konkursszenarien“ jederzeit wieder rückgängig gemacht werden, kommt doch der Konkurs einer Insolvenzmasse nicht in Betracht.
Eine erhebliche und damit sittenwidrige Unausgewogenheit sehen die Beklagten va darin, dass ihnen die vertraglich vorgesehene Vorauszahlungspflicht ohne Zwischenschaltung eines Treuhänders zur Sicherung der Käufer eine Position aufgedrängt habe, die ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch nicht ohne Weiteres auf sich nehmen würde. Damit wird aber in keiner Weise darauf Bedacht genommen, dass es sich hier nicht um einen gewöhnlichen Liegenschaftserwerb, sondern um einen Kauf aus einer Konkursmasse handelt, der für den Käufer schon typischerweise erheblich geringere Risiken birgt als der Erwerb von einem Eigentümer, dessen wirtschaftliche Lage, Seriosität und Verlässlichkeit oft nicht leicht eingeschätzt werden kann. Bei einem Erwerb vom Masseverwalter entfällt jedenfalls - wegen der im Insolvenzverfahren bestehenden Exekutionssperre (§ 10 Abs 1 IO) - das Risiko einer Verschlechterung des Kaufgegenstands durch zwischenzeitig begründete Zwangspfandrechte. Mit der (vertraglich vorgesehenen) Überweisung des Kaufpreises auf ein Massekonto ist auch gewährleistet, dass der Kaufpreis zur späteren Befriedigung der Konkursgläubiger verwendet wird, was letztlich auch eine Löschung der vor Insolvenzeröffnung intabulierten Pfandrechte zur Folge hat.
Welchen Gefahren die Revisionswerber aufgrund der konkreten Vertragsgestaltung, die eine Vorauszahlung des Kaufpreises vorsah, in unzumutbarer Weise ausgesetzt sein sollten, bleibt auch in ihren umfangreichen Revisionsausführungen offen. Die bloße Rechtsbehauptung, an den den Käufern auferlegten wirtschaftlichen Risiken ändere auch der Umstand nichts, dass der Verkäufer ein Masseverwalter ist, vermag substantielle inhaltliche Ausführungen nicht zu ersetzen.