05.06.2015 Zivilrecht

OGH: Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft

Allein vorübergehende Ausnahmezustände, die in absehbarer Zeit aufhören oder beseitigt werden können, bilden einen Hinderungsgrund; die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen von Teilungshindernissen trifft den Beklagten, der sich auf das Vorliegen eines Teilungshindernisses beruft; er muss auch beweisen, dass das Teilungshindernis bloß vorübergehend ist


Schlagworte: Miteigentum, Teilung, Unzeit, Beweislast
Gesetze:

 

§ 830 ABGB, §§ 825 ff ABGB

 

GZ 5 Ob 8/15k, 24.02.2015

 

OGH: Die vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Auffassung, dass als Teilungshindernisse nur vorübergehende Umstände in Betracht kommen, die in Bälde wegfallen oder beseitigt werden können, entspricht der stRsp des OGH und der hL. Teilungshindernisse führen dazu, dass sich der Teilungswillige zwar einen angemessenen unvermeidlichen Aufschub gefallen lassen muss, gehen aber nicht so weit, dass er auf den Aufhebungsanspruch für unabsehbare Zeit verzichten müsste. Daher bilden allein vorübergehende Ausnahmezustände, die in absehbarer Zeit aufhören oder beseitigt werden können, einen Hinderungsgrund.

 

Von dem Erfordernis der Absehbarkeit des Aufschubsgrundes hat der OGH in der Vergangenheit zwar in Einzelfällen abgesehen, diese Entscheidungen standen aber iZm krisenzeitlich bedingten, wirtschaftlichen Ausnahmezuständen; sie konnten (und können) aufgrund dieser besonderen Umstände nicht verallgemeinert und nicht auf andere Teilungshindernisse übertragen werden. Seit der Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Unzeit aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Verhältnisse daher stets verneint.

 

Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen von Teilungshindernissen trifft den Beklagten, der sich auf das Vorliegen eines Teilungshindernisses beruft. Er muss konkrete Umstände dartun, die ein Teilungshindernis begründen können. Nur im Rahmen der konkreten Tatsachenbehauptungen ist zu prüfen, ob der Teilung ein Hindernis entgegensteht.

 

Der Teilungsgegner hat insbesondere auch alle Umstände zu behaupten, die zur Beurteilung erforderlich sind, ob das behauptete Hindernis in Bälde wegfallen wird. Der Beklagte muss also auch beweisen, dass das Teilungshindernis bloß vorübergehend ist.

 

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, dass vor dem Hintergrund des festgestellten und unstrittigen Sachverhalts dem Vorbringen der Beklagten in Bezug auf die im Berufungsverfahren noch relevanten Teilungshindernisse (außergewöhnliche wirtschaftliche Gegebenheiten, ungeklärte Mietverhältnisse, Sanierungsbedürftigkeit und Nachteile aufgrund einer Steuerbelastung) keine das Erfordernis der Absehbarkeit ausreichend konkretisierenden Behauptungen entnommen werden können. Ob eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ob das bisher erstattete Vorbringen ausreichend spezifiziert ist und/oder wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalls.

 

Nach stRsp konkretisieren die Teilungshindernisse der Unzeit und des Nachteils der Übrigen die innerhalb des Schuldverhältnisses nach Treu und Glauben geschuldete Rücksichtnahme. Nur ganz ausnahmsweise hat die Rsp auch unmittelbar auf diesen Grundsatz zurückgegriffen. Ob ein bestimmtes Verhalten gegen Treu und Glauben verstößt, ist jedoch eine Frage, die sich nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilen lässt. Die Vorinstanzen haben in dem behaupteten Umstand, dass die Erstklägerin sich in dem Wissen „eingekauft“ habe, dass das Haus als Erbe in der Familie erhalten bleiben sollte, keinen die Teilung hindernden Verstoß gegen Treu und Glauben gesehen. Auch dies stellt jedenfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.