OGH: Zur Kausalität von Ad-hoc-Meldung und Anlageentscheidung
Vom Inhalt einer unterlassenen Ad-hoc-Meldung hätte ein Anleger nicht nur aus der Meldung selbst sondern auch aus den an sie anknüpfenden Informationsquellen wie Berater oder Finanzmediäre erfahren können
§ 48d BörseG, §§ 1295 ff ABGB, § 266 ZPO
GZ 9 Ob 26/14k, 20.03.2015
OGH: Bei der Prüfung der Kausalität zwischen unterlassener Ad-hoc-Meldung und Anlegerschaden ist (vorliegend) zu fragen, 1. ob der Kläger bei Einhaltung der gebotenen Ad-hoc-Meldepflicht vom Inhalt der Mitteilung erfahren hätte und, wenn dies der Fall ist, 2. ob er dann eine andere (oder keine) Veranlagungsentscheidung getroffen hätte.
Dass es für die Kenntnis nicht auf die eigene Lektüre von Ad-hoc-Meldungen ankommt, ergibt sich schon daraus, dass der Informationsgehalt von Ad-hoc-Meldungen von Anlegern typischerweise nicht aus der Meldung selbst, sondern über die an sie anknüpfenden Informationsquellen wie Berater bezogen wird, sind Ad-hoc-Meldungen doch dazu angetan, erst über Finanzmediäre den Markt zu erreichen.
Für den Willensentschluss zur Veranlagungsentscheidung selbst befindet sich ein Anleger in keinem Beweisnotstand, der ein herabgesetztes Beweismaß rechtfertigen würde.
Allgemein sind die Anforderungen an den Beweis des hypothetischen Kausalverlaufs bei einer (angeblichen) Schädigung durch Unterlassen geringer als jene an den Nachweis der Verursachung bei einer Schadenszufügung durch positives Tun. Denn die Frage, wie sich die Geschehnisse entwickelt hätten, wenn der Schädiger pflichtgemäß gehandelt hätte, lässt sich naturgemäß nie mit letzter Sicherheit beantworten, weil dieses Geschehen eben nicht stattgefunden hat. Es genügt daher die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden auf das Unterlassen des pflichtgemäßen Handelns zurückzuführen ist. Dieses Kriterium liegt unter dem Regelbeweismaß der ZPO, nach dem für eine (Positiv-)Feststellung eine „hohe“ Wahrscheinlichkeit erforderlich ist. Es muss daher nach dem Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststehen, dass dem Kläger der Inhalt der unterlassenen Ad-hoc-Meldung bei Publikation zur Kenntnis gelangt wäre.