11.05.2015 Zivilrecht

OGH: § 1330 ABGB – Untreue-Tatvorwurf (iZm „völlig überhöhter Entgelte“) bei einer Pressekonferenz

Dem Beklagten kann ein konkreter Untreue-Tatvorwurf, der sich aus den Tatsachenbehauptungen ableitet, nicht unterstellt werden; vielmehr beschränkt sich seine Äußerung nach dem maßgeblichen Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck für den unbefangenen Durchschnittsleser oder -hörer schlicht darauf, dass ihm die Bezüge des Erstklägers aufgrund ihrer besonderen Höhe strafrechtlich überprüfenswert erscheinen; es geht somit nicht um einen konkreten Tatvorwurf, sondern um das durch Fakten gerade nicht fassbare Unverständnis, wie ein solches Einkommen rechtens sein kann; sowohl dessen Bezeichnung als überhöht als auch dessen Beurteilung als anzeigewürdig sind demnach Wertungen, die der Beklagte erkennbar auf eine einzige Tatsache gestützt hat, nämlich die Bezugshöhe; dass diese (etwa auch unter Berücksichtigung der vom Erstgericht aufgezeigten Umstände wie etwa, dass das Gehalt des Erstklägers deutlich über dem Gehalt des österreichischen Bundespräsidenten liegt und dass sich die Aktionärinnen der zweitklagenden Partei größtenteils durch „öffentliche Mittel“, nämlich die Beiträge der Studierenden, finanzierten) aus Sicht der Öffentlichkeit hinterfragenswerte Ausmaße erreicht hat, liegt auf der Hand; die inkriminierten Schlüsse basieren somit auf einer ausreichend tragfähigen wahren Tatsachengrundlage und erschenien im Licht des Grundrechts auf Meinungsäußerungsfreiheit, dem in einer demokratischen Gesellschaft hoher Stellenwert zukommt, nicht als exzessiv


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Kreditschädigung, Ehrenbeleidigung, Werturteil, Tatsachen, Verdächtigungen, Untreue-Tatvorwurf, Pressekonferenz
Gesetze:

 

§ 1330 ABGB, Art 10 EMRK, § 6 MedienG

 

GZ 6 Ob 17/15s, 19.02.2015

 

OGH: Die Frage, welcher Bedeutungsinhalt einer bestimmten Äußerung beizumessen ist, ob es sich um die Verbreitung von Tatsachen, die Verbreitung einer auf einem wahren Tatsachenkern beruhenden wertenden Meinungsäußerung oder eines Werturteils handelt, richtet sich nach dem Zusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck, den ein redlicher Mitteilungsempfänger gewinnt. Die Ermittlung des Bedeutungsinhalts ist im Allgemeinen eine Rechtsfrage, die von den näheren Umständen des Einzelfalls, insbesondere aber von der konkreten Formulierung in ihrem Zusammenhang abhängt. Die Frage, ob eine andere Beurteilung der festgestellten Äußerung vertretbar gewesen wäre, hängt so sehr von den Umständen des Einzelfalls ab, dass dabei erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO regelmäßig nicht zu beantworten sind.

 

Die Beurteilung des Berufungsgerichts ist im Licht der Rsp durchaus vertretbar.

 

Entgegen der Behauptung der Revisionswerber existiert einschlägige und mit dem vorliegenden Fall vergleichbare jüngere oberstgerichtliche Rsp zur Frage, inwiefern das Äußern eines Tatverdachts ehrenbeleidigend und kreditschädigend ist. Das Ergebnis der Vorinstanzen steht im Einklang mit dieser Rsp.

 

Zudem besteht nach ständiger oberstgerichtlicher Rsp keine besondere Sorgfaltspflicht des Anzeigers in der Richtung, die vorliegenden Verdachtsgründe auf ihre Stichhältigkeit zu prüfen und das Für und Wider selbst abzuwägen. Dies würde dem öffentlichen Interesse, den Behörden Kenntnis von strafbaren Handlungen zu verschaffen, widersprechen. Es genügt daher grundsätzlich das Vorliegen nicht offenkundig bereits widerlegter Verdachtsgründe für die Annahme, dass eine Strafanzeige nicht wider besseres Wissen und somit rechtmäßig erstattet wurde.