OGH: Antrag des Schuldners nach § 69 IO – Überschuldungsprüfung und Fortbestehensprognose
Der Fortbestehensprognose ist eine realistische Einschätzung der künftigen Erträge und Aufwendungen zu Grunde zu legen; aufgrund einer solchen realistischen Zukunftserwartung muss für eine positive Fortbestandsprognose die Zahlungsfähigkeit und Lebensfähigkeit des Unternehmens mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein
§ 69 IO, § 66 IO, § 67 IO
GZ 6 Ob 19/15k, 19.02.2015
OGH: Nach mittlerweile stRsp ist bei einer Kapitalgesellschaft die rein rechnerische Überschuldungsprüfung durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen, in deren Rahmen mit Hilfe sorgfältiger Analysen von Verlustursachen, eines Finanzierungsplans sowie der Zukunftsaussichten der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu prüfen ist. Geplante Sanierungsmaßnahmen sind in diese Überlegungen einzubeziehen. Der Überschuldungstatbestand ist auf jene Fälle zu reduzieren, in denen die Lebensfähigkeit der Gesellschaft unter Bedachtnahme auf eingeleitete Sanierungsmaßnahmen nicht hinreichend, dh mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, gesichert ist, eine rechnerische Unterbilanz daher nicht durch eine geschätzte zukünftige positive Entwicklung ausgeglichen werden kann.
Der Fortbestehensprognose ist eine realistische Einschätzung der künftigen Erträge und Aufwendungen zu Grunde zu legen; aufgrund einer solchen realistischen Zukunftserwartung muss für eine positive Fortbestandsprognose die Zahlungsfähigkeit und Lebensfähigkeit des Unternehmens mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein.
Die Frage, ob die Voraussetzungen für eine positive Fortbestehensprognose erfüllt sind, kann regelmäßig nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beantwortet werden und stellt daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage dar.
Mit Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ist der insolvenzrechtlich relevante Sachverhalt jedenfalls verwirklicht, ohne dass es dann noch auf die Fortbestehensprognose ankäme.
Die 60-tägige Frist des § 69 Abs 2 KO darf nach hA auch zur Fortsetzung eines bereits im Rahmen der Fortbestehensprognose berücksichtigten Sanierungsversuchs ausgenützt werden. Diese Frist ist jedoch eine absolute Höchstfrist, die nicht überschritten werden kann. Daher ist auch ein allenfalls sanierbarer Schuldner nach Ablauf dieser Frist verpflichtet, den nicht erfolgreich abgeschlossenen Sanierungsversuch abzubrechen und einen Insolvenzantrag zu stellen.