27.04.2015 Zivilrecht

OGH: Die Rechtsschutzversicherung bietet Versicherungsschutz gegen die Belastung des Vermögens des Versicherungsnehmers mit Rechtskosten

Die Hauptleistungspflicht des Versicherers in der Rechtsschutzversicherung besteht in der Kostentragung; bei dem aus der Rechtsschutzversicherung resultierenden Anspruch handelt es sich (zunächst) um einen Befreiungsanspruch, somit nicht (primär) um einen Geldanspruch; wenn der Versicherungsnehmer seinen Kostengläubiger bereits selbst befriedigt hat, verwandelt sich sein ursprünglicher Befreiungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gegen seinen Rechtsschutzversicherer


Schlagworte: Versicherungsvertragsrecht, Rechtsschutzversicherung, Rechtskosten
Gesetze:

 

§§ 158j ff VersVG, ARB 2003

 

GZ 7 Ob 15/15d, 18.02.2015

 

OGH: Die Rechtsschutzversicherung als passive Schadensversicherung schützt den Versicherungsnehmer gegen das Entstehen von Verbindlichkeiten (Passiva). Sie bietet Versicherungsschutz gegen die Belastung des Vermögens des Versicherungsnehmers mit Rechtskosten. Die Hauptleistungspflicht des Versicherers in der Rechtsschutzversicherung besteht in der Kostentragung. Bei dem aus der Rechtsschutzversicherung resultierenden Anspruch handelt es sich (zunächst) um einen Befreiungsanspruch, somit nicht (primär) um einen Geldanspruch. Wenn der Versicherungsnehmer seinen Kostengläubiger bereits selbst befriedigt hat, verwandelt sich sein ursprünglicher Befreiungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch gegen seinen Rechtsschutzversicherer. Dass die Klägerin im Umfang des noch strittigen Betrags bereits selbst Zahlung geleistet hat, steht nicht fest, was die begehrte Zahlung an sie ausschließt und das Klagebegehren als unberechtigt erweist.

 

Die vom Berufungsgericht und in der Revision erörterte Frage nach der Behandlung fälliger, aber vom Versicherungsnehmer noch nicht beglichener Anwaltskosten stellt sich hier nicht (vgl dazu auch den nunmehrigen Art 6.9. ARB 2010). Der Honoraranspruch eines Rechtsanwalts ist nämlich mangels einer anderen Vereinbarung so lange nicht fällig, als das Mandatsverhältnis nicht erloschen ist. Das Anlassverfahren ist noch anhängig. Eine vom besagten Grundsatz abweichende, allenfalls zu einer früheren Fälligkeit führende Vereinbarung der Klägerin mit ihrem Rechtsanwalt hat diese vor dem Erstgericht nicht behauptet und es ergaben sich dafür auch keine Hinweise.

 

Die Klägerin unterstellt der Beklagten zu Unrecht die Ansicht, dass der Versicherungsnehmer bei der Rechtsschutzversicherung immer in Vorlage treten müsse, um überhaupt Ansprüche gegen den Versicherer geltend machen zu können. Dieses Thema ist auch nicht Entscheidungsgegenstand, galt es doch hier nur zu klären, ob die Klägerin für den konkret erhobenen Anspruch auf Zahlung an sie selbst dessen Voraussetzungen (ausreichend) behauptet und erwiesen hat. Für die Einleitung eines Vorlageverfahrens an den EuGH, zur Frage, ob „die von der Beklagten vertretene Auffassung und Interpretation, was 'Kostenfreistellungsanspruch' bedeutet“, die Rechtsschutzversicherungs-Richtlinie 97/344/EWG verletzt, gibt es keinen Anlass.