20.04.2015 Zivilrecht

OGH: Zur Haftung einer Anwaltssozietät bei „Abwicklung des laufenden Zahlungsverkehrs“ für einen Mandanten

Ein Rechtsanwalt ist auch im Fall einer Weisung verpflichtet, den Machtgeber aufzuklären, wenn weisungsgemäßes Handeln seine Interessen beeinträchtigen würde (Pflicht zu „denkendem Gehorsam“); ist Machtgeber eine GmbH, kann die Warnpflicht direkt gegenüber den Gesellschaftern auszuüben sein, wenn die Unterrichtung des Geschäftsführers keine Abhilfe verspricht


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Rechtsanwälte, Haftung, GesBR, Kontovollmacht, Warnpflicht, Solidarhaftung
Gesetze:

 

§§ 1295 ff ABGB, § 1002 ABGB, § 1009 ABGB, 273 UGB, 348 UGB

 

GZ 6 Ob 183/13z, 20.02.2014

 

OGH: Bei der Einräumung einer Einzelzeichnungsberechtigung auf einem Bankkonto handelt es sich um eine Bevollmächtigung. Der Zeichnungsberechtigte handelt als Vertreter des Kontoinhabers. Als Beauftragter hat er das Interesse der Auftraggeberin wahrzunehmen. Nach § 1009 ABGB ist er auch verpflichtet, die Geschäftsherrin von „drohenden Gefährdungen und Gefahren rechtzeitig“ zu informieren und sie vor Schäden zu bewahren.

 

Auch im Fall einer Weisung ist ein RA verpflichtet, den Machtgeber aufzuklären, wenn weisungsgemäßes Handeln die Interessen des Machtgebers beeinträchtigen würde (Pflicht zu „denkendem Gehorsam“). Ist der Auftraggeber eine GmbH, kann die Warnpflicht direkt gegenüber den Gesellschaftern auszuüben sein, wenn die Unterrichtung des Geschäftsführers keine Abhilfe verspricht.

 

Auch zur Redepflicht eines Abschlussprüfers nach § 273 Abs 2 UGB wird vertreten, dass er von der Tatsache der Ausübung der Redepflicht gegenüber dem Geschäftsführer die Gesellschafter zu verständigen hat, um der wahren Funktion der Redepflicht gerecht zu werden. Ein unmittelbarer Kontakt des Abschlussprüfers und der GmbH-Gesellschafter iZm der Redepflicht kann insbesondere dann geboten sein, wenn die Unterrichtung der Geschäftsführer wenig Abhilfe verspricht, weil diese selbst in das Geschehene zu tief involviert sind

 

Wird zwei Rechtsanwälten gemeinsam ein Mandat erteilt, so entsteht ein Gesamtschuldverhältnis. Die Gesellschafter einer GesBR haften solidarisch für Schäden, die aus Anlass einer Vertragserfüllung entstehen, sofern die vertragliche Leistungspflicht eine unteilbare ist. Dies gilt für aus der Verletzung der Vertragspflicht resultierende Schäden und auch für die Verletzung von Neben- oder Schutzpflichten. Zwar ist § 348 UGB auf unternehmerische Schuldner beschränkt, allerdings fallen seit der Handelsrechtsreform auch die freien Berufe unter den Unternehmerbegriff. Damit führt sowohl Art 8 Nr 1 EVHGB als auch § 348 UGB zu einer solidarischen Haftung zweier Rechtsanwälte.