OGH: Zur Frage, ob bei Einbringung aller Genossenschaftsanteile in den letzten verbleibenden und als GmbH organisierten Genossenschafter eine Gesamtrechtsnachfolge analog § 142 UGB eintritt und die Genossenschaft ohne Liquidation zu löschen ist
Das Fehlen einer § 142 UGB entsprechenden Regelung im Genossenschaftsrecht kann nicht als planwidrige Unvollständigkeit des Umgründungsrechts angesehen werden; die Ähnlichkeiten zwischen Genossenschaften und Personengesellschaften reichen nicht aus, das Fehlen einer § 142 UGB entsprechenden Vorschrift im Genossenschaftsrecht als planwidrige Lücke zu erweisen; dagegen spricht, dass Genossenschaften vom Gesetzgeber in Umgründungsvorschriften wiederholt miteinbezogen, also nicht etwa schlicht übersehen wurden; dabei handelt es sich um das UmwG, das GenVG und die Sonderbestimmung des § 92 BWG
§ 38 UGB, § 140 UGB, § 142 UGB, § 92 BWG, § 2 ff UmwG, § 239 AktG, § 245 ff AktG, § 15 SpaltG
GZ 6 Ob 160/13t, 16.12.2013
OGH: Das österr. Umgründungsrecht ist durch eine starke Rechtszersplitterung geprägt. Dsbzgl Regeln finden sich im AktG, im GmbHG, im SpaltG, im UmwG, im EU-VerschG und im UGB. Erstere enthalten Regelungen für die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften; das SpaltG regelt die Spaltung, das UmwG gestattet den Formwechsel von einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft. Damit existiert für Kapitalgesellschaften ein abschließender Regelungskomplex. Der Gesetzgeber lässt sowohl die Vereinigung als auch die Trennung von Kapitalgesellschaften sowie den Wechsel der Rechtsform in eine Personengesellschaft zu. Durch Vereinigung der Geschäftsanteile beim einzigen verbleibenden Gesellschafter kann auch eine formwandelnde Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft unter Anwendung des § 142 UGB erreicht werden.
Im GenG ist nicht ausdrücklich angeordnet, dass bei Wegfall der Personenmehrheit das gesetzlich geregelte Liquidationsverfahren durchzuführen ist. Dieser Fall ist nicht ausdrücklich als Auflösungstatbestand normiert.
Die Anwendung des § 142 UGB wird auch bei Einbringung aller Kommanditanteile in die Komplementär-GmbH bejaht; ebenso wenn das Ausscheiden der bisherigen Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft und der Eintritt desjenigen, auf den das Unternehmen der Personenhandelsgesellschaft zum Zwecke der Fortführung als Einzelunternehmen vereinbarungsgemäß übergehen soll, gleichzeitig erfolgen.
Eine Genossenschaft kann durch verschmelzende oder errichtende Umwandlung gem §§ 2 ff UmwG Gesamtrechtsnachfolgerin einer Kapitalgesellschaft werden. Dies betrifft jedoch gewissermaßen den „umgekehrten“ Fall des Rechtsformwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Genossenschaft. Umgekehrt können aber nur (das Bankgeschäft betreibende) Genossenschaften ihr Unternehmen oder den bankgeschäftlichen Teilbetrieb nach den Grundsätzen des UmgrStG in eine AG einbringen (§ 92 Abs 2 BWG). Auch diese Einbringung bewirkt den Rechtsübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 92 Abs 4 BWG). Diese Regelung stellt eine gesellschaftsrechtliche Sonderregelung außerhalb des Umgründungsrechts dar. Das GenVG ermöglicht die Verschmelzung von Genossenschaften und betrifft damit andere Sachverhaltskonstellationen. Dieses Gesetz erfasst ausschließlich Verschmelzungen zwischen Genossenschaften.