16.03.2015 Zivilrecht

OGH: Zum Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers

Die Pflicht mehrer Werkunternehmer, ihre selbstständigen Teilleistungen zu koordinieren, führt nicht zur rechtsgeschäftlichen Einheit mehrerer Werkverträge, sodass bei fehlerhaften Koordinierungsleistungen jeder nur für das von ihm vertraglich geschuldete Werk gewährleistungspflichtig ist


Schlagworte: Werkvertrag, Gewährleistung, Fälligkeit, Werklohn, Verbesserungsverzug
Gesetze:

 

§§ 922 ff ABGB, § 1052 ABGB, § 1170 ABGB

 

GZ 10 Ob 71/14k, 16.12.2014

 

OGH: Das aus § 1170 ABGB iVm § 1052 ABGB abgeleitete Recht des Bestellers, die mangelnde Fälligkeit des Werklohns einzuwenden, blieb durch das GewRÄG unberührt. Voraussetzung des Leistungsverweigerungsrechts des Bestellers ist das Bestehen eines Verbesserungsanspruchs, also das Vorliegen behebbarer Mängel. Es hat seine Rechtfertigung darin, den Unternehmer zur geschuldeten Verbesserung seines mangelhaften Werks zu bestimmen. Wo eine Verbesserung nicht oder nicht mehr in Betracht kommt, ist auch kein Recht zur Verweigerung der Gegenleistung anzuerkennen. Voraussetzung ist somit, dass der Werkbesteller noch Mängelbehebung begehrt. Sobald er auf einen der sekundären Behelfe (Preisminderung, Wandlung) umgeschwenkt ist oder selbst verbessert hat, greift das Leistungsverweigerungsrecht nicht mehr. Kein Zurückbehaltungsrecht des Bestellers besteht auch dann, wenn er das unvollendete Werk von einem Dritten vervollständigen lässt oder sonst kein Interesse mehr an der Verbesserung durch den Unternehmer hat.

 

Beim Zusammenwirken mehrer Werkunternehmer kann der Besteller Rechte wegen der Mangelhaftigkeit einer Werkleistung aber nur gegen jenen Unternehmer geltend machen, der ihm aus dem Werkvertrag zu dieser Leistung verpflichtet ist. Jeder Unternehmer haftet somit nur für die bei seiner Werkleistung auftretenden Mängel. Die Pflicht mehrerer Werkunternehmer, ihre selbstständigen Teilleistungen zu koordinieren, führt idR noch nicht zur rechtsgeschäftlichen Einheit mehrerer Werkverträge. Eine fehlerhafte Koordinierungsleistung, die zu einer zu geringen Dimensionierung der Zuleitungen und zur Unbrauchbarkeit einer gesamten Anlage führt, löst keinen auf Gewährleistungsrecht zurückführbaren Anspruch auf Ersatz der „Verbesserungskosten“ iSd Ersatzes der Kosten für die größere Dimensionierung der Zuleitungen aus, wenn die Errichtung der Zuleitungen nicht Vertragsgegenstand des abgeschlossenen Werkvertrags war, da der Unternehmer im Weg der Gewährleistung nur zur Herstellung des vertraglich geschuldeten Werks verpflichtet ist. Geht die Mängelbehebung über das vertraglich Geschuldete hinaus, weil sie nur so erfolgen kann, dass die reparierte Sache nicht mehr als vom Vertrag umfasst anzusehen ist, ist die Verbesserung - gemessen am Vertragsinhalt - unmöglich und der Werklohn fällig.