04.03.2015 Zivilrecht

OGH: Zur Frage, ob der Versicherungsnehmer, der während der Anhängigkeit eines Rechtsstreits über die Rechtswirksamkeit seiner Kündigung des Versicherungsvertrags weiter Prämien an den Versicherer zahlt, nach Feststellung der Auflösung des Versicherungsvertrags ein Wahlrecht hat, ob er die Prämien rückerstattet bekommen oder die bereits geleisteten Schadenszahlungen des Versicherers einbehalten will

Es entspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, dass die während eines Zeitraums von immerhin rund drei Jahren wechselseitig erbrachten Leistungen nur dann zurückgefordert hätten werden können, wenn dies von den Parteien jeweils klar zum Ausdruck gebracht worden wäre; ansonsten haben Versicherer und Versicherungsnehmer ihre Leistungen im Hinblick auf die schlüssige Vereinbarung über das entgeltliche Versichert-Halten bis zur Klärung der Rechtslage endgültig erbracht


Schlagworte: Versicherungsrecht, Versicherungsnehmer, Versicherer, Kündigung, Versicherungsvertrag, Optionsrecht, Günstigkeitsprinzip, Einmaligkeitsgrundsatz, Schadensfall, Prämien, Schadenszahlung, Rückforderung, Treu und Glauben, Vorprozess, materielle Rechtskraft
Gesetze:

 

§ 863 ABGB, § 1431 ABGB

GZ 7 Ob 151/13a, 13.11.2013

 

OGH: Es kann weder die Klägerin ihre Leistungen für Schadensfälle zurückverlangen noch der Beklagte die Rückzahlung der Prämien - ausgenommen hinsichtlich jenes Versicherungsvertrags, bei dem die Summe der Versicherungsleistungen die Summe der Prämienzahlung überschreitet - erhalten.

 

Einem in einem Vorprozess auf Grundlage eines bestimmten rechtserzeugenden Sachverhalts erfolgreichen Anspruch kann in einem Folgeprozess zwischen denselben Parteien nicht mit anspruchsvernichtenden Tatsachen entgegengetreten werden, die in dem für die Vorentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt bereits entstanden waren, aber nicht ausgeführt wurden. Die materielle Rechtskraftwirkung ist die Maßgeblichkeit einer Entscheidung, durch die eine Wiederholung desselben Rechtsstreits ausgeschlossen wird und Gerichte und Parteien an die Entscheidung gebunden werden. Eine im materiellen Recht begründete selbständige Klage auf Beseitigung der durch die Erfüllung der urteilsmäßigen Leistungspflicht herbeigeführten Wirkungen unter Berufung auf einen Tatbestand des materiellen Rechtes, der zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz der Schlüssigkeit des Klagebegehrens entgegenstand, ist daher ausgeschlossen. Die Rechtskraft eines Urteils kann nur durch eines der erschöpfend in der Prozessordnung vorgesehenen Mittel beseitigt werden.

 

Die nunmehrige Klagsführung über diesen Betrag verstößt gegen den Einmaligkeitsgrundsatz.