02.03.2015 Wirtschaftsrecht

VwGH: Feststellungsanträge nach Widerruf des Vergabeverfahrens

Nach dem Widerruf des Vergabeverfahrens ist eine Feststellung von vorangegangenen Vergaberechtswidrigkeiten weder möglich noch notwendig


Schlagworte: Vergaberecht, Widerruf, Feststellungsantrag, Antragslegitimation, Schadenersatz
Gesetze:

 

§ 312 BVergG 2006, § 331 Abs 4 BVergG 2006, § 341 Abs 3 BVergG 2006

 

GZ 2012/04/0133, 11.12.2013

 

VwGH: Entgegen der alten Rechtslage des BVergG 2002 "kippt" das Nachprüfungsverfahren gem § 331 Abs 4 BVergG 2006 nicht ex lege in ein Feststellungsverfahren, sondern erfordert einen neuerlichen Feststellungsantrag. Für diesen Feststellungsantrag gelten die Formvorschriften wie für sonstige Feststellungsanträge.

 

§ 312 BVergG 2006 enthält eine abschließende Regelung der materiellen Kompetenzen des Bundesvergabeamtes, sodass dieses insbesondere nicht zuständig ist, andere als die in § 312 BVergG 2006 vorgesehenen Feststellungsbescheide zu erlassen.

 

Für den Fall der Erklärung des Widerrufs des Vergabeverfahrens während eines anhängigen Nachprüfungsverfahrens bedeutet dies Folgendes:

 

Ein Antrag auf Feststellung der in den vorangegangenen Nachprüfungsverfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten eines Vergabeverfahrens ist nach Erklärung des Widerrufs dieses Vergabeverfahrens in § 312 BVergG 2006 nicht vorgesehen. Ausgehend von der abschließenden Regelung der Feststellungskompetenzen kann eine solche Feststellungskompetenz auch nicht aus § 331 Abs 4 BVergG 2006 abgeleitet werden. Daher kann die Feststellung der im ursprünglichen Nachprüfungsantrag geltend gemachten Rechtswidrigkeiten nicht begehrt werden.

 

Dennoch entsteht dadurch keine Rechtsschutzlücke, weil § 341 Abs 3 BVergG 2006 die Zulässigkeit einer Schadenersatzklage nach Erklärung des Widerrufs nicht von einer Feststellung der zuständigen Vergabekontrollbehörde abhängig macht. Auch wenn der Widerruf - für sich genommen - rechtmäßig ist, aber durch einen Verstoß gegen die maßgeblichen vergaberechtlichen Vorschriften verursacht wurde, kann somit unmittelbar eine Schadenersatzklage erhoben werden. Die Feststellung einer (behaupteten) Rechtswidrigkeit eines den Widerruf verursachenden Verhaltens des Auftraggebers ist daher nicht erforderlich, um Ersatzansprüche gegen den Auftraggeber geltend machen zu können.