OGH: Auflösung nach § 39 Abs 1 FBG während eines anhängigen Prozesses
Wird dem Kläger die Tatsache der Auflösung der beklagten Kapitalgesellschaft nach § 39 Abs 1 oder § 40 Abs 1 FBG bekannt, hat er binnen angemessener Frist dem Gericht bekannt zu geben, dass er von der Verfahrensfortsetzung abstehe, widrigenfalls sein Fortsetzungswille unterstellt wird; von der einmal getroffenen Wahl kann nachträglich nicht mehr abgehen
§ 39 FBG, § 40 FBG
GZ 2 Ob 176/14t, 23.10.2014
OGH: Wird die beklagte Kapitalgesellschaft während eines anhängigen Prozesses gelöscht, ist das Verfahren auf Begehren des Klägers fortzusetzen. Strebt der Kläger hingegen nicht die Fortsetzung des Verfahrens gegen die gelöschte Gesellschaft an, ist die Klage zurückzuweisen und das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären (8 ObA 2344/96f [verstärkter Senat] = SZ 71/175).
Die Grundsätze der Entscheidung SZ 71/175 sind auch auf eine beklagte GmbH bei Abweisung eines Konkursantrags mangels kostendeckenden Vermögens nach Klagserhebung anzuwenden. Dem entspricht gem § 71b Abs 1 IO in der Fassung des IRÄG 2010, wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet wird.
Der Kläger hat somit ein Wahlrecht. Wird dem Kläger die Tatsache der Auflösung der beklagten Kapitalgesellschaft nach § 39 Abs 1 oder § 40 Abs 1 FBG bekannt, hat er binnen angemessener Frist dem Gericht bekannt zu geben, dass er von der Verfahrensfortsetzung abstehe, widrigenfalls sein Fortsetzungswille unterstellt wird.
Im vorliegenden Fall fehlen Hinweise, dass der klagenden Partei die Bekanntmachung in der Ediktsdatei am 22. 7. 2014 oder die Firmenbucheintragung vom 25. 7. 2014 bisher zur Kenntnis gelangt ist. Die Rekursbeantwortung der klagenden Partei stammt zwar vom 12. 9. 2014, also aus der Zeit nach den dargestellten Bekanntmachungen. Die Rekursbeantwortung lässt aber weder aus der dortigen Firmenbezeichnung der beklagten Partei (ohne den Zusatz „in Liquidation“) noch aus sonstigen Hinweisen den Schluss zu, der klagenden Partei sei die Auflösung der beklagten Partei bekannt. Der Fortsetzungswille der klagenden Partei kann daher noch nicht eindeutig unterstellt werden. Der klagenden Partei ist daher Gelegenheit zu geben, binnen 14 Tagen von der Verfahrensfortsetzung Abstand zu nehmen, widrigenfalls ihr Fortsetzungswille unterstellt wird.
Die klagende Partei wird darauf hingewiesen, dass sie von der einmal getroffenen Wahl nachträglich nicht mehr abgehen kann. Wurde das Wahlrecht nämlich ausgeübt, ist es konsumiert. Es ist nicht in das Belieben des Gegners gestellt, von seiner bereits getroffenen Wahl auf Fortsetzung des Verfahrens bei drohendem Prozessverlust wieder abzugehen, um sich des Verfahrens kostengünstig zu entledigen.