OGH: § 72 Abs 1 lit b WRG – Betreten und Benutzung fremder Grundstücke zur Ausführung und Instandhaltung von Wasserbauten und Anlagen
Nähere Ausführungen im Langtext
§ 72 WRG
GZ 1 Ob 114/14t, 18.09.2014
OGH: Richtig hat das Berufungsgericht dargelegt, dass Liegenschaftseigentümer - somit auch die Kläger - gem § 72 Abs 1 lit b WRG die Grundstücksbenützung durch Eigentümer von Wasserbauten und Anlagen insoweit zu dulden haben, als sich dies als unbedingt notwendig erweist. Die Beklagte hat sich im erstinstanzlichen Verfahren darauf berufen, dass eine „Bewuchspflege“ dringend erforderlich gewesen sei, weil es ansonsten zu einer unerwünschten Durchwurzelung des Damms und damit einer Lockerung von oberflächennahen Bereichen der Dammböschung gekommen wäre, was letztlich zu Beschädigungen des Damms geführt hätte. Die Beklagten haben dies in Zweifel gezogen und vorgebracht, im betreffenden Dammbereich hätte sich keinerlei allenfalls schadensstiftender Strauch- oder Baumbewuchs befunden.
Das Erstgericht hat zur konkreten Notwendigkeit der von der Beklagten vorgenommenen Mäharbeiten keine Tatsachenfeststellungen getroffen, sondern lediglich darauf verwiesen, dass ein regelmäßiges Mähen von Hochwasserdämmen notwendig ist, um deren ordnungsgemäße Funktion sicherzustellen. Das Berufungsgericht hat sich mit der Frage, ob die Arbeiten angesichts des damaligen Dammbewuchses iSd § 72 Abs 1 WRG unbedingt notwendig waren, nicht auseinandergesetzt, sondern darauf hingewiesen, dass die Kläger ihr Unterlassungsbegehren ausschließlich auf das Nichtvorliegen eines Bescheids gestützt und das Vorbringen der Beklagten im Übrigen nur „unsubstantiiert“ bestritten hätten.
Dieser Auffassung vermag der erkennende Senat zwar nicht beizutreten, kann doch die Behauptung der Kläger, es hätte sich im fraglichen Dammbereich keinerlei allenfalls schadensstiftender Strauch- oder Baumwuchs befunden, weshalb dringend bezweifelt werden müsse, dass die Mäharbeiten damals unumgänglich dringend erforderlich waren, nicht als Zugeständnis der (gegenteiligen) Prozessbehauptungen der Beklagten iSd § 267 Abs 1 ZPO qualifiziert werden. Dennoch kann dem Berufungsgericht kein Beurteilungsfehler vorgeworfen werden, haben die Kläger die erwähnten Einwendungen doch in ihrer Berufung nicht mehr aufrecht erhalten, sondern lediglich ausgeführt, sie seien deshalb zur Duldung des Befahrens ihrer Liegenschaft nicht verpflichtet gewesen, weil kein entsprechender Bescheid vorgelegen sei. Bezieht sich die Rechtsrüge nur auf eine von mehreren Einwendungen, die aus unterschiedlichen rechtserzeugenden Tatsachen abgeleitet wurden, dann sind die im Rechtsmittelverfahren nicht mehr aufrecht erhaltenen Einwendungen außer Betracht zu lassen, besteht doch insoweit eine Bindung an die (noch aufrechten) Einwendungen des Rechtsmittelwerbers. Die in der Berufung nicht mehr vorgebrachten Einwendungen können in einer Revision nicht mehr an den OGH zur Beurteilung herangetragen werden. Auf die einzige Einwendung in der Berufung, die Ausübung der durch § 72 Abs 1 WRG eingeräumten Rechte hätte eine vorherige bescheidmäßige Anordnung vorausgesetzt, kommen die Revisionswerber nicht zurück, weshalb sich ein Eingehen darauf schon deshalb erübrigt.