20.01.2015 Zivilrecht

OGH: Verzugszinsen bei rückständigem Geldunterhalt

Ein solcher Verzugszinsenanspruch ist grundsätzlich als Nebenforderung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs eines Minderjährigen zu behandeln, wenn er iVm dem Hauptanspruch im Verfahren außer Streitsachen geltend gemacht wird; der OGH hat aber auch ausgesprochen, dass der Verzugszinsenanspruch eines Minderjährigen auch dann im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen ist, wenn zwar schon ein Exekutionstitel über den monatlichen Unterhaltsanspruch, aber noch keiner über den Anspruch auf Verzugszinsen aus bereits titulierten Unterhaltsbeiträgen besteht


Schlagworte: Familienrecht, Kindesunterhalt, Verzugszinsen
Gesetze:

§ 231 ABGB, § 140 ABGB aF, § 1333 ABGB, § 1334 ABGB

GZ 1 Ob 135/14f, 22.10.2014

 

OGH: Es entspricht stRsp, dass der rückständige Geldunterhalt wie jede sonstige Geldforderung der Verzugszinsenregelung unterliegt.

 

Verzugszinsen stehen dem Geldunterhaltsberechtigten ab Fälligkeit des Unterhaltsanspruchs zu. Für den Kindesunterhalt gilt, dass Verzugszinsen auch für den Fall einer (vom Antragstag aus betrachteten) rückwirkenden Unterhaltserhöhung angesprochen werden können, ohne dass eine an den Unterhaltsschuldner gerichtete außergerichtliche Zahlungsaufforderung zu erfolgen hätte, weil die Unterhalts-(mehr-)beträge in der letztlich bestimmten gesetzlichen Höhe für jede Unterhaltsperiode im Vorhinein fällig geworden sind. Der Anspruch des Minderjährigen auf Verzugszinsen aus einem Unterhaltsbetrag entsteht daher bereits, wenn der Verpflichtete mit der Zahlung von fälligen Unterhaltsbeträgen in Verzug gerät. Die Durchsetzung dieses Anspruchs erfordert damit lediglich den Nachweis des Zahlungsverzues.

 

Ein solcher Verzugszinsenanspruch ist grundsätzlich als Nebenforderung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs eines Minderjährigen zu behandeln, wenn er iVm dem Hauptanspruch im Verfahren außer Streitsachen geltend gemacht wird. Der OGH hat aber auch ausgesprochen, dass der Verzugszinsenanspruch eines Minderjährigen auch dann im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen ist, wenn zwar schon ein Exekutionstitel über den monatlichen Unterhaltsanspruch, aber noch keiner über den Anspruch auf Verzugszinsen aus bereits titulierten Unterhaltsbeiträgen besteht.

 

Dadurch soll vermieden werden, dass ein Minderjähriger einen solchen selbständigen Verzugszinsenanspruch als gesetzlichen Unterhaltsanspruch im streitigen Verfahren geltend machen muss.

 

Das Rekursgericht begründete die (teilweise) Zurückweisung des Antrags der Minderjährigen mit der Entscheidung des Erstgerichts vom 8. 3. 2012, in der es einen Exekutionstitel über die bis dahin bereits fällig gewordenen Unterhaltsbeträge erblickte, und ging dabei davon aus, dass ein Zuspruch nur für Verzugszinsen aus den nach der Schaffung eines Exekutionstitel fällig gewordenen Unterhaltsbeträgen erfolgen könne. Welche konkrete Verfahrensvoraussetzung einer meritorischen Beurteilung des Antrags der Minderjährigen seiner Ansicht nach entgegenstünde, legte das Rekursgericht, das offenbar die von ihm (indirekt) mitzitierte Entscheidung 1 Ob 202/00p missversteht, nicht offen. Eine abschließende Klärung dieser Frage erübrigt sich hier aber, weil schon die Auffassung des Rekursgerichts, mit dem Beschluss des Erstgerichts vom 8. 3. 2012 sei ein Exekutionstitel über die bis dahin fällig gewordenen Beträge geschaffen worden, nicht geteilt werden kann.

 

Mit seinem Leistungsbefehl vom 8. 3. 2012 hatte das Erstgericht nämlich den Vater zur Zahlung der bis zur Rechtskraft des Beschlusses fälligen Beträge, abzüglich der von diesem in der Zeit vom 1. 8. 2007 bis 28. 2. 2012 erbrachten und betraglich genannten Leistungen binnen 14 Tagen verpflichtet, die für den Unterhalt der Antragstellerin anzurechnen seien. Das fortgesetzte Verfahren diente der Klärung der Höhe der vom Vater in der Zeit bis 28. 2. 2012 erbrachten Naturalunterhaltsleistungen. Da er die fälligen Unterhaltsbeträge nach dem Wortlaut der Entscheidung abzüglich der ihm anrechenbaren Leistungen schuldet, war vor Klärung dieser Frage der bis zur Rechtskraft des erstgerichtlichen Beschlusses fällige Unterhaltsbetrag der Höhe nach nicht ausreichend genug bestimmt, um dessen exekutive Betreibung zu ermöglichen.

 

Die Höhe des der Minderjährigen für die jeweiligen Perioden zustehenden Unterhalts stellte bereits im vorangegangenen Rechtsmittelverfahren keinen Streitpunkt mehr dar. Eine von einer höheren Instanz verfügte Verfahrensergänzung ist nur innerhalb der Schranken des § 496 Abs 2 ZPO vorzunehmen. Hebt daher der OGH die Entscheidung der Vorinstanzen wegen des Fehlens rechtserheblicher Tatsachenfeststellungen auf, können die Parteien im weiteren Rechtsgang nur zu den von der Aufhebung betroffenen Teile des Verfahrens neues Vorbringen erstatten. Bereits im ersten Rechtsgang abschließend erledigte Streitpunkte können demgegenüber nicht wieder aufgerollt werden. Eine Ausnahme besteht nur für solche Tatsachen, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung (hier: nach Beschlussfassung) im ersten Rechtsgang neu entstanden sind. Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren außer Streitsachen.

 

Das fortgesetzte Verfahren diente allein der Klärung der Höhe des fiktiven Mietzinses, um die vom Vater in der Zeit bis 28. 2. 2012 erbrachten Unterhaltsleistungen abschließend beurteilen zu können. Daraus folgt aber, dass nur eine (wesentliche) Änderung der Verhältnisse nach Beschlussfassung zu einer Änderung der Unterhaltsbemessung selbst für danach folgende Perioden führen hätte können. Das neu gestellte Verzugszinsenbegehren der Minderjährigen lässt die Unterhaltsbemessungsgrundlage unberührt, weswegen auch unter diesem Blickwinkel kein Grund gesehen werden kann, der einer inhaltlichen Erledigung ihres Antrags entgegenstünde.

 

Zusammengefasst ergibt sich damit, dass über den Antrag der Minderjährigen auf Zuspruch von Verzugszinsen auch insoweit (im Verfahren außer Streitsachen) abzusprechen ist, als ihm Unterhaltsbeträge zugrunde liegen, die bereits vor dem 1. 4. 2012 fällig waren. Damit sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben, soweit sie die Zurückweisung des Verzugszinsenbegehrens der Minderjährigen für den Zeitraum bis 31. 3. 2012 aussprachen. Auch in diesem Umfang ist dennoch die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen, das über das gesamte Verzugszinsenbegehren der Antragstellerin inhaltlich abzusprechen haben wird.