OGH: Übertragung der Zuständigkeit hinsichtlich der Vermögensverwaltung gem § 111 JN
Eine (Rück-)Übertragung der Zuständigkeit unter Berufung auf § 111 JN kommt bei einer vorhergehenden Zuständigkeitsentscheidung nur dann in Betracht, wenn sich die Sachverhaltsgrundlage geändert hat
§ 111 JN
GZ 9 Ob 65/14w, 29.10.2014
OGH: Gem § 111 Abs 2 zweiter Satz JN bedarf die von einem Gericht beschlossene Übertragung der Zuständigkeit zur Besorgung der pflegschaftsgerichtlichen Geschäfte dann, wenn das andere Gericht die Übernahme verweigert, zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des den beiden Gerichten zunächst übergeordneten gemeinsamen höheren Gerichts.
Die Parteien können zwar die Versagung der Genehmigung der Übertragung unbeschränkt bekämpfen und damit der Umsetzung der rechtskräftigen Übertragungsentscheidung des übertragenden Gerichts zum Durchbruch verhelfen. Anders verhält es sich hingegen bei der Genehmigung der Übertragung durch das übergeordnete Gericht. In diesem Fall hatten die Parteien bereits die Möglichkeit, die Zweckmäßigkeit der Übertragung gegebenenfalls im Instanzenzug überprüfen zu lassen. In diesem Fall könnten die Parteien ihr Rechtsmittel nur auf andere Gründe als die fehlende Zweckmäßigkeit der Übertragung stützen.
Die Rekurswerberin bringt vor, dass das BG Hietzing nicht eindeutig besser in der Lage ist, die pflegschaftsbehördliche Angelegenheit zu besorgen, weil zwei der vier Kinder mit ihr im Sprengel des BG Klosterneuburg lebten, die für das Pflegschaftsverfahren in Hietzing zuständige Gerichtsabteilung von einem neuen Richter übernommen worden sei und die beiden im Sprengel des BG Hietzing wohnhaften Kinder früher volljährig würden, sodass ein neuer Zuständigkeitsstreit drohe. Mit diesem Vorbringen macht sie ausschließlich Argumente gegen die Zweckmäßigkeit der Übertragung geltend. Aus den dargelegten Gründen steht ihr dies im vorliegenden Verfahrensstadium aber nicht mehr frei.
Der Rekurs gibt jedoch Anlass, von Amts wegen das durch den (Rück-)Übertragungsbeschluss des BG Klosterneuburg erfolgte Übergehen seiner - infolge des Übertragungsbeschlusses des BG Hietzing angenommenen - Zuständigkeit aufzugreifen.
In der Entscheidung 3 Ob 107/14b wurde klargestellt, dass eine (Rück-)Übertragung der Zuständigkeit unter Berufung auf § 111 JN bei einer vorhergehenden Zuständigkeitsentscheidung nur dann in Betracht kommt, wenn sich die Sachverhaltsgrundlage geändert hat. Ansonsten besteht für eine neuerliche Prüfung kein Raum.
Im vorliegenden Fall wurde die Übertragung der Zuständigkeit vom BG Hietzing an das BG Klosterneuburg von diesem rechtswirksam angenommen, wodurch ihm die Zuständigkeit für das Pflegschaftsverfahren zukam. Zu diesem Zeitpunkt waren sowohl der Inhalt des Scheidungsvergleichs über die Wohnorte der Kinder als auch ihre jeweiligen Meldeadressen bereits aktenkundig, mögen sie vom BG Hietzing auch nicht ausreichend differenziert mitgeteilt worden sein. Obwohl die folgenden Vorbringen der Eltern zu den ständigen Wohnorten der Kinder widersprüchlich waren, wurden sie nicht weiter überprüft, sodass auch unter diesem Aspekt keine neuen Fakten vorlagen. Aus der Aktenlage gehen damit aber für die Beurteilung der Frage, ob eine Rückübertragung der Zuständigkeit an das BG Hietzing der Zweckmäßigkeit entspricht, keine neuen Tatsachen hervor, die eine neuerliche Übertragung der Zuständigkeit begründen könnten. Da das BG Klosterneuburg bei unverändertem Sachverhalt aber an seine rechtswirksame Übernahme der Zuständigkeit gebunden ist, kommt derzeit eine Rückübertragung der Zuständigkeit an das BG Hietzing unter Berufung auf § 111 JN nicht in Frage. Dies schließt auch eine Genehmigung des Übertragungsbeschlusses iSd § 111 Abs 2 JN aus.