30.12.2014 Zivilrecht

OGH: Verkehrssicherungspflicht iZm 14m Sprungturm in Strandbad (hier: Anbringung eines Schildes, wonach das Springen vom Geländer und von der Traverse verboten ist)

Der Geschäftsführer der Klägerin setzte sich nicht nur über zwei Bescheide hinweg, als er das Aufheben der Sperre des gesamten Turms verfügte, er setzte auch keine geeignete Maßnahmen, um das ohnehin verbotene Springen von der obersten Plattform zu verhindern oder jedenfalls für die Jugendlichen wirkungsvoll zu erschweren; dies wäre aber umso notwendiger gewesen, weil bekannt war, dass der Sprungturm die Attraktion des Bades war und die Jugendlichen den Turm auf den festgestellten Ebenen verwendeten; der Geschäftsführer der Klägerin hat die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falls in ungewöhnlichem Maß verletzt


Schlagworte: Schadenersatzrecht, Verkehrssicherungspflicht, Sprungturm, Strandbad, grob fahrlässig
Gesetze:

§§ 1295 ff ABGB

GZ 7 Ob 142/14d, 29.10.2014

 

OGH: Die Verkehrssicherungspflicht findet ihre Grenze in der Zumutbarkeit. Umfang und Intensität richten sich va danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen oder ihnen begegnen können. Der Inhaber einer Badeanstalt hat grundsätzlich im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflichten nur jene Maßnahmen zu ergreifen, die von ihm nach der Verkehrsauffassung verlangt werden können. Auch die Benützer der zur Verfügung gestellten Einrichtungen sind zur Anwendung der verkehrsüblichen Aufmerksamkeit und bei Vorliegen besonderer Umstände zu erhöhter Aufmerksamkeit verpflichtet.

 

Der Geschäftsführer der Klägerin setzte sich nicht nur über zwei Bescheide hinweg, als er das Aufheben der Sperre des gesamten Turms verfügte, er setzte auch keine geeignete Maßnahmen, um das ohnehin verbotene Springen von der obersten Plattform zu verhindern oder jedenfalls für die Jugendlichen wirkungsvoll zu erschweren. Dies wäre aber umso notwendiger gewesen, weil bekannt war, dass der Sprungturm die Attraktion des Bades war und die Jugendlichen den Turm auf den festgestellten Ebenen verwendeten. Der Geschäftsführer der Klägerin informierte nicht einmal die Bademeister von der Sperre und wies sie auch nicht an, besonders auf den Turm und die Einhaltung des Sprungverbots von der obersten Plattform zu achten, obwohl auf die Notwendigkeit der Aufsicht in den festgestellten (zahlreichen) Bescheiden hingewiesen wurde. Er war nie an Ort und Stelle, um sich einen unmittelbaren Eindruck vom Geschehen zu machen und die Notwendigkeit ergänzender Sicherungsmaßnahmen selbst zu prüfen. Der Geschäftsführer der Klägerin begnügte sich mit der Anbringung des Schildes, dass das Springen vom Geländer und von der Traverse verboten sei. Dieses Verhalten stellt im vorliegenden Einzelfall, wie leicht erkennbar war, keine annähernd adäquate Sicherungsmaßnahme dar. Noch dazu ist die Gefahr bei einem (wie hier) „14er“ oder gar „16er“-Sprung insofern größer, als die Standfähigkeit auf dem Geländer oder dem Gestänge der Traverse naturgemäß herabgesetzt ist und daher der Zeitpunkt des Absprungs aus Gleichgewichtsgründen nicht vollständig kontrolliert werden kann, was umso mehr eine Gefährdung der in der Nähe des Sprungturms schwimmenden oder von einer anderen Ebene abspringenden Personen bedeutet. Der Geschäftsführer der Klägerin hat die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falls in ungewöhnlichem Maß verletzt. Es ist ihm die grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls vorzuwerfen, sodass die Beklagte leistungsfrei ist.