24.12.2014 Arbeits- und Sozialrecht

OGH: Fürsorgepflicht bei Zuweisung eines Beamten der Stadt Wien an die Wiener Linien

Bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ist eine Verletzung der Fürsorgepflicht auch dann als Amtshaftungsanspruch gegenüber dem Dienstgeber geltend zu machen, wenn die Verletzung durch einen privaten Rechtsträger erfolgt ist, dem der Beamten aufgrund einer gesetzlichen Regelung zugewiesen wurde; für Klagen gegen juristische Personen des Privatrechts, die für hoheitliches Handeln in Pflicht genommen oder beliehen wurden, ist gem § 9 Abs 5 AHG der Rechtsweg unzulässig


Schlagworte: Fürsorgepflicht, Beamter, Amtshaftung, Mobbing, Zulässigkeit des Rechtswegs
Gesetze:

§ 1 AHG, § 9 AHG, § 1157 ABGB, §§ 1295 ff ABGB, Wr Zuweisungsgesetz

GZ 9 ObA 84/12m, 26.11.2012

 

Ein Beamter der Stadt Wien war aufgrund des Wr Zuweisungsgesetzes der Wiener Linien GmbH & Co KG zugewiesen und erhebt nunmehr Schadenersatzansprüche wegen Mobbing.

 

OGH: Die im privaten Arbeitsvertragsrecht in § 1157 ABGB enthaltene Fürsorgepflicht gilt auch für öffentlich-rechtliche Dienstgeber und öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse. Die Wahrnehmung dieser Fürsorgepflicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstrechtsverhältnis ist ihrem Wesen nach hoheitlicher Natur. Dementsprechend kann der Beamte, soweit Beamtendienstrecht gilt, gegen den Rechtsträger, der ihn ernannte, Amtshaftungsansprüche stellen, insbesondere wenn die Fürsorgepflicht des Dienstgebers ihm gegenüber verletzt wurde. Das entspricht nur dem Grundsatz, dass alle mit ihrer Erfüllung verbundenen Verhaltensweisen als in Vollziehung der Gesetze erfolgt anzusehen sind, wenn sie nur einen hinreichend engen inneren und äußeren Zusammenhang mit der hoheitlichen Aufgabe aufweisen. Eine Verletzung der Fürsorgepflicht durch die Stadt Wien ist danach grundsätzlich geeignet, Amtshaftungsansprüche zu begründen.

 

Alleine die gesetzliche Zuweisung eines öffentlich-rechtlich Bediensteten an einen ausgegliederten Rechtsträger (aufgrund des Wr Zuweisungsgesetzes) vermag aber den öffentlich-rechtlichen Charakter des Dienstverhältnisses und der daraus resultierenden Pflichtverletzungen nicht zu verändern. Infolgedessen obliegt die Wahrnehmung sämtlicher Rechte und Pflichten als Dienstbehörde der Stadt Wien. Ebenso ist im Wr Zuweisungsgesetz festgehalten, dass die Wiener Linien GmbH & Co KG gegenüber den ihr zur Dienstleistung zugewiesenen Bediensteten nur in fachlicher Hinsicht weisungs- und aufsichtsberechtigt ist. Daraus wird aber ersichtlich, dass die dienstrechtliche Verantwortung aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gerade nicht in die ausschließliche Kompetenz der Wiener Linien GmbH & Co KG übertragen wird. Die Fürsorgepflicht der Wiener Linien GmbH & Co KG ist daher in Bezug auf die ihr zugewiesenen öffentlich-rechtlich Bediensteten ihrem Wesen nach keine andere als jene der Stadt Wien als öffentlich-rechtliche Dienstgeberin.

 

Daraus folgt, dass die Verletzung der Fürsorgepflicht als Amtshaftungsanspruch gegenüber dem Dienstgeber geltend zu machen ist und für Klagen gegen juristische Personen des Privatrechts, die für hoheitliches Handeln in Pflicht genommen oder beliehen wurden, gem § 9 Abs 5 AHG der Rechtsweg unzulässig und die Klage gegen die Wiener Linien GmbH & Co KG zurück zu weisen ist.