OGH: Antrag auf Befreiung von der Unterhaltsverpflichtung iZm mangelnder Selbsterhaltungsfähigkeit wegen einer psychischen Erkrankung
Ist die Selbsterhaltungsfähigkeit wegen einer psychischen Erkrankung des Kindes nicht eingetreten, wäre sein Unterhaltsanspruch nur bei Rechtsmissbrauch zu verneinen
§ 231 ABGB, § 1295 Abs 2 ABGB
GZ 8 Ob 97/14v, 30.10.2014
OGH: Ist - wie hier - die Selbsterhaltungsfähigkeit wegen einer psychischen Erkrankung des Kindes nicht eingetreten, wäre sein Unterhaltsanspruch nach der von den Vorinstanzen zutreffend angewendeten Rsp nur bei Rechtsmissbrauch zu verneinen. Die Frage, ob ein derartiger Rechtsmissbrauch anzunehmen ist, hängt in aller Regel von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und vermag daher - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht zu rechtfertigen. Dass die Vorinstanzen Rechtsmissbrauch der Antragstellerin verneint haben, ist aber keineswegs unvertretbar. Der vom Vater auch im Revisionsrekurs aufrecht erhaltene Vorwurf, der Tochter seien ihre „zahllosen Selbstverletzungen und Selbstmordversuche“ vorwerfbar, übergeht, dass nach den unangefochtenen Feststellungen selbstverletzendes Verhalten und suizidale Tendenzen Teil der bei der Tochter bestehenden schweren Persönlichkeitsstörung und ihr schon daher nicht iSe rechtsmissbräuchlichen Verhaltens vorwerfbar sind. In der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 1 Ob 4/08g, die die hier nicht zu beurteilende Frage der gröblichen Vernachlässigung der Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind betraf, war eine psychische Erkrankung der Mutter, die einen Selbstmordversuch begangen hatte, gerade nicht feststellbar, sodass dieser Fall von vornherein nicht vergleichbar ist.