15.12.2014 Zivilrecht

OGH: Kollisionsrecht bei Nichtigerklärung der Ehe

Die „Rom III-VO“ gilt nicht für die Ungültigerklärung einer Ehe; daher ist das anzuwendende Recht gem § 17 IPRG für jeden der Verlobten nach seinem Personalstatut zu beurteilen; dazu sind die betreffenden Bestimmungen beider Personalstatute einander gegenüberzustellen


Schlagworte: Familienrecht, Eherecht, Ehenichtigkeit, Kollisionsrecht
Gesetze:

§ 16 IPRG, § 17 IPRG, Art 1 Rom III-VO, Art 13 EGBGB

GZ 7 Ob 92/13z, 19.06.2013

 

Gegenstand des Verfahrens ist eine Ehenichtigkeits-Klage, der Kläger ist österreichischer Staatsbürger und die Beklagte deutsche Staatsbürgerin

 

OGH: Die Ungültigerklärung einer Ehe wird nicht vom sachlichen Anwendungsbereich der „Rom III-VO“ erfasst. Darunter fallen sämtliche Verfahren, die die Ehe infolge von Mängeln bei ihrer Eingehung aufheben, wobei die Frage, ob die Ungültigerklärung ex tunc oder ex nunc wirkt, nicht maßgeblich ist. Dazu gehören insbesondere ex tunc wirkende Verfahren wie die Nichtigerklärung der Ehe. Das für die Nichtigkeit der Ehe maßgebende Recht ist daher weiterhin nach §§ 16, 17 IPRG zu bestimmen.

 

Da der Kläger ausschließlich die Nichtigerklärung der Ehe (wegen fehlenden Vollzugs des Geschlechtsverkehrs) begehrt, kommt hierauf § 17 IPRG zur Anwendung, nach welchem die Voraussetzungen der Eheschließung, der Ehenichtigkeit und der Aufhebung für jeden der Verlobten nach seinem Personalstatut zu beurteilen sind. § 17 IPRG gilt auch für alle Rechtsfolgen des maßgeblichen Rechts, die an die Missachtung sachlicher Ehe-Voraussetzungen geknüpft sind. Von der Wirkung einer derartigen Verletzung wird freilich immer das gesamte Eheverhältnis erfasst, unabhängig davon, ob die Verletzung beide Personalstatute oder nur eines von ihnen betrifft. Deshalb sind zunächst die in Frage kommenden Bestimmungen des österreichischen und des für die Beklagte maßgeblichen deutschen Rechts einander gegenüberzustellen und zu beurteilen.

 

Ähnlich wie nach § 17 Abs 1 IPRG unterliegen nach Art 13 Abs 1 EGBGB die Voraussetzungen der Eheschließung für jeden Verlobten dem Recht des Staats, dem er angehört. Das von Art 13 Abs 1 EGBGB berufene Recht entscheidet auch über die Verbotswirkung von körperlichen oder geistigen Mängeln auf die Eheschließung.

 

Nach dem für die Beklagte maßgebenden deutschen Recht gibt es das Institut der Ehenichtigkeit iSe rückwirkenden Vernichtbarkeit der Ehe nicht mehr, sondern nur mehr die Aufhebung der Ehe mit Rechtskraft der richterlichen Entscheidung. Da im deutschem Recht ein Nichtigkeitsgrund fehlt, der dem vom Kläger geltend gemachten entspricht, besteht zwischen österreichischem und deutschem Recht insofern keine Konkurrenz, sodass nur zu prüfen ist, ob nach dem für das Personalstatut des Klägers maßgeblichen österreichischen Recht eine Verletzung materieller Ehevoraussetzungen vorliegt.