08.12.2014 Wirtschaftsrecht

OGH: Zur Frage, ob eine Vereinbarung der Rechtsfolgen des § 142 UGB, die zu einem Vermögensübergang führt, auch ohne weitere Übertragungsakte den Mangel der Notariatsaktsform heilt

Hinter dem Formgebot des § 1 Abs 1 lit b NotariatsaktsG steht für die dort aufgezählten Kauf-, Tausch-, Renten- und Darlehensverträge sowie Schuldbekenntnisse zwischen Ehegatten das Anliegen des Übereilungsschutzes; entsprechen solche Verträge dem Formgebot des § 1 Abs 1 lit b NotariatsaktsG nicht, sind sie absolut nichtig


Schlagworte: Unternehmensrecht, Kommanditgesellschaft, Vermögensübergang, Übereilungsschutz, Kaufvertrag, Schenkungsvertrag, Schriftlichkeit, Firmenbucheintragung, Notariatsaktsform, Übertragung eines Gesellschaftsanteils, Titel, Verfügungsgeschäft
Gesetze:

§ 142 UGB, § 1 NotariatsaktsG, § 1432 ABGB

GZ 6 Ob 66/13v, 04.07.2013

 

OGH: Die gänzliche oder anteilige rechtsgeschäftliche Übertragung einer Beteiligung an einer KG stellt nicht einen zweiaktigen Vorgang dar, der im Austritt des Übertragenden und im Eintritt des Erwerbenden besteht; vielmehr handelt es sich um einen einheitlichen Akt der (abgeleiteten) Einzelrechtsnachfolge durch den Erwerbenden in die Gesellschafterstellung des Übertragenden, der sich im Innenverhältnis durch die Übertragung der Mitgliedschaft vollzieht. Die Übertragung eines Gesellschaftsanteils wird bereits mit Titel- und Verfügungsgeschäft wirksam; die Firmenbucheintragung wirkt lediglich deklarativ. Als Titel kommen insb der Kauf, die Schenkung und die vorweggenommene Erbfolge in Betracht.

Zwar ist Schriftlichkeit für die Gültigkeit einer rechtsgeschäftlichen Übertragung eines Gesellschaftsanteils an einer KG, die inhaltlich einen Vertragseintritt und Gesellschafterwechsel bedeutet, grundsätzlich nicht erforderlich. Für Kaufverträge zwischen Ehegatten sieht jedoch § 1 Abs 1 lit b NotariatsaktsG vor, dass deren Gültigkeit durch die Aufnahme eines Notariatsakts bedingt ist. Da der Gesetzgeber für diesen Fall eine der Schenkung vergleichbare Regelung nicht vorgesehen hat, bedürfen Kaufverträge zwischen Ehegatten ungeachtet einer wirklichen Übergabe der Notariatsaktsform. Entsprechen solche Verträge dem Formgebot des § 1 Abs 1 lit b NotariatsaktsG nicht, sind sie absolut nichtig.

Die Erfüllung eines unwirksamen Rechtsgeschäfts bewirkt grundsätzlich dessen Heilung (§ 1432 ABGB). Auch bei einem Kaufvertrag zwischen Ehegatten heilt vollständige Erfüllung, also die Übergabe des verkauften Gegenstands mit dem Willen der Eigentumsübertragung, den Formmangel; darauf, ob auch der Kaufpreis zur Gänze bezahlt ist, kommt es nicht an.

Allerdings ist bei einem formungültigen Geschäft auch nach dem Zweck des Formgebots zu fragen. Es kommt wesentlich darauf an, ob die betreffende Formvorschrift eine formlose Vermögensverschiebung verhindern oder sie bloß unklagbar machen soll. Hinter dem Formgebot des § 1 Abs 1 lit b NotariatsaktsG steht für die dort aufgezählten Kauf-, Tausch-, Renten- und Darlehensverträge sowie Schuldbekenntnisse zwischen Ehegatten das Anliegen des Übereilungsschutzes