12.11.2014 Verfahrensrecht

VwGH: Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung nach Fristversäumnis durch einen Rechtsanwalt

Der Rechtsanwalt muss die Einhaltung von Fristen überwachen, nicht jedoch die rein manipulative Tätigkeit der Postaufgabe eines zeitgerecht unterschriebenen und zur Postaufgabe übergebenen Schriftstückes durch eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft


Schlagworte: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Frist, Fristversäumnis
Gesetze:

§ 71 AVG, § 46 VwGG

GZ 2011/07/0191, 25.06.2013

Die Sekretärin eines Rechtsanwaltes hat die VwGH-Beschwerde des Mandanten einen Tag zu spät zur Post gegeben. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde bewilligt.

VwGH: Nach stRsp des VwGH umfasst die anwaltliche Sorgfaltspflicht auch die Überwachung des Umstandes, ob die Schriftstücke in gesetzmäßiger Anzahl und Form, versehen mit den notwendigen Unterschriften versandbereit sind, nicht aber etwa die näheren Umstände der Postaufgabe solcher Schriftstücke. Die laufende Nachprüfung rein manipulativer Tätigkeiten einer erfahrenen und zuverlässigen Kanzleikraft würde die Sorgfaltspflicht eines Rechtsanwaltes überspannen.

Nach dem bescheinigten Sachverhalt ist davon auszugehen, dass der Rechtsvertreter des Bf die verfasste Beschwerdeschrift am 4. März 2013, also rechtzeitig, unterfertigt und seiner Sekretärin zur Postaufgabe überreicht hat. Am 5. März 2013 ist hervorgekommen, dass die Postaufgabe irrtümlich unterblieben ist. Da keine Umstände vorliegen, die den Vertreter des Bf zur Kontrolle hätten veranlassen müssen, ob die Postaufgabe tatsächlich durchgeführt wurde, und ihm somit keine Verletzung seiner Überwachungspflicht vorgeworfen werden kann, war die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.